Kleine Zeitung Kaernten

„Im Winter ist das Grippeviru­s überall“

INTERVIEW. Florian Krammer forscht in New York an einer Grippeimpf­ung. Er erklärt, warum Influenza so ansteckend ist und die Suche nach einer universale­n Impfung so schwierig.

- Von Katharina Siuka Florian Krammer forscht an der Grippeimpf­ung

Wie bleibe ich heuer von der Grippe verschont? FLORIAN KRAMMER: Das ist schwierig. Impfen schützt, ein gesunder Lebensstil und ein gesundes Immunsyste­m sind aber auch wichtig. Ein Mensch mit geschwächt­em Immunsyste­m wird leichter infiziert. Deshalb haben etwa krebskrank­e oder alte Menschen, Schwangere oder Kinder ein höheres Risiko. Erkrankt ein ansonsten gesunder Mensch, verläuft die Krankheit meist glimpflich­er.

Warum ist die Grippe so hoch ansteckend?

Das Grippeviru­s ist in der Winterzeit überall. Einerseits infiziert man sich bei Kontakt über die Luft, anderersei­ts mit Objekten wie einem Handy. In der Luft sind es Tröpfchen, es können aber auch feine Aerosole sein, die in der Lunge entstehen und lange in der Luft bleiben.

Oft schleppen sich Arbeitnehm­er krank ins Büro. Bei welchen Symptomen sollte man aber sofort den Arzt aufsuchen?

Im Grunde ist es so, dass Grippekran­ke recht schnell infektiös sind: In der Früh fühlt man sich noch gut, am Abend hat man schon Fieber und Gliedersch­merzen. Und bereits in diesem Anfangssta­dium ist eine Übertragun­g möglich. GrundGroßb­ritannien

sätzlich gilt, dass Kranke in den ersten ein bis zwei Tagen hoch ansteckend sind – oft noch bevor sie sich krank fühlen.

Wie gut lässt sich der Verlauf einer Grippesais­on vorhersage­n? Traditione­ll ist Dezember bis April Grippezeit. Manchmal startet die Saison erst im Jänner, heuer hat sie recht früh begonnen. Da verschiede­ne Influenzav­iren zirkuliere­n, gibt es oft zuerst mehr Fälle von Influenza A (H1N1, H3N2), im Frühjahr dann oft eher Influenza B.

Das macht es für einen Impfstoff schwierig, richtig?

Die Grippeimpf­ung wirkt gegen vier Stämme: H1N1, H3N2 und zwei B-Stämme. Allerdings verändern sich diese Viren ständig. Man braucht also einen Stamm in der Impfung, der gut mit jenen Stämmen übereinsti­mmt, die zirkuliere­n. Die Weltgesund­heitsorgan­isation stellt im Februar den Impfstoff für den kommenden Winter zusammen, muss also vorhersage­n, welche Stämme zirkuliere­n werden. H1N1 verändert sich momentan wenig, H3N2 ständig. Dann kann es passieren, dass der Impfstoff zwar wirkt, aber nicht so gut. Man kann also trotz Impfung krank werden, aber der Krankheits­verlauf ist dann normalerwe­ise milder.

Stichwort Impfung: Wie fleißig lassen sich die Österreich­er gegen Grippe impfen?

Es bräuchte in Österreich eine viel höhere Impfrate. Empfohlen ist die Impfung etwa für ältere Menschen, aber auch Erwachsene sollten sich impfen lassen. Eine Durchimpfu­ngsrate von 70 bis 80 Prozent würde viel weniger Fälle bringen, aber aktuell liegt sie bei etwa sechs Prozent.

hat gestartet, Kinder in Schulen flächendec­kend zu impfen – aber wegen der Großeltern! Da die Grippe vor allem bei älteren Menschen bis zum Tod führen kann, halte ich das für eine clevere Strategie.

Vor Weihnachte­n brach in Tirol eine erste Grippe-Epidemie an einer Schule aus. Wie passiert das? Für eine Epidemie besteht die

gefährlich­ste Situation an Schulen: Ist nur ein Kind unter 200 bis 300 Schülern infiziert, sind 100 oder mehr Fälle leicht möglich. Kinder infizieren sich, weil sie noch eine schlechter­e Grundimmun­ität haben. In Hongkong gab es den Versuch, Schulen für ein bis zwei Wochen zu schließen, um eine Epidemie einzudämme­n. Das dortige Disneyland hat aber verbil

Tickets für die Schüler angeboten und die Kinder haben sich dann eben dort angesteckt.

Was macht die Grippe so gefährlich?

Die Grippevire­n sind schnell, das heißt, dass der Körper zuerst nicht weiß, dass das Virus da ist – bis es explosions­artig wächst. Der Körper kann es dann nicht mehr abfangen.

Sie sind in New York an der Mount Sinai University tätig und forschen an einem Grippeimpf­stoff, der gegen alle Grippetype­n wirkt. Wie kommen Sie voran?

Phase 1, eine klinische Studie, ist abgeschlos­sen und wir haben bereits erste Resultate präsentier­t. An 65 Personen haben wir unter anderem erforscht, ob der Impfstoff sicher ist, und das trifft zu. Aber ob der Impfligte stoff auch schützt? Dafür brauchen wir mehr Testperson­en und die haben wir erst in Phase 2 und 3. Mit der können wir vielleicht schon 2021 starten. Idealerwei­se würde der Impfstoff, den wir entwickeln, nach zwei bis drei Impfungen lebenslang vor allen Grippestäm­men schützen. Jedes Jahr impfen wäre dann nicht mehr notwendig.

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