Sonja Schindler „Ein Problem der Schule oder der Gesellschaft?“
Später Notenschluss, Sommercamp für die Schwächeren, Wegfall der autonomen Fenstertage: Die Krise bringt Fortschritte im Schulwesen, die so vorher undenkbar gewesen wären, kommentierte der Chefredakteur. Leser widersprechen
Offen gesagt: „Danke, Krise!“, 26. 4.
Ein interessanter Kommentar, Herr Patterer, er zeigt als Ganzes, was unsere Gesellschaft nun denn tatsächlich von Schule möchte und erwartet. Es mutet so an, als gäbe es ein großes Bedürfnis nach Bildung und Schule – wobei ich mehr vermute, dass es hinter diesen vorgeschobenen Begriffen doch eher tatsächlich um die Erziehung geht?
Und wenn’s bei dieser dann hapert, geht der Ratlose in den analogen oder virtuellen Supermarkt der Bildung, um sich als wohlsozialisiertes Kind der postdemokratischen neoliberalen Willhaben-Community ein Bildungsmenü ganz nach den eigenen und den individuellen Bedürfnissen seiner Sprösslinge zusammenstellen zu lassen. Und der oder die hinter dem Tresen hat natürlich die eierlegende Wollmilchsau zu sein – und der Kundenservice sollte natürlich von 0 bis 24 Uhr reichen: Die praktische SchuleApp mit Rund-um-die-Uhr-Deponierungsanspruch für Sohn und Tochter plus Matura-Garantie – das wär was!
Tja, Herr Patterer, das sind in der Tat interessante Botschaften, die Sie mit Ihren Worten und zwischen den Zeilen – zumindest mir – vermitteln. Wobei man der Vollständigkeit halber vielleicht noch anfügen sollte, dass man dann den Lehrern auch so etwas wie elterliche Erziehungsrechte übertragen sollte, damit sie nun denn tatsächlich auch die eierlegenden Wollmilchsäue sein können.
Und nein, Herr Patterer, ich möchte mich da nicht niederknien und mich zynischerweise bei dieser Krise bedanken – vielmehr befällt mich eine gewisse Traurigkeit, wenn es offenbar nach nur ein paar Wochen einer krisenbedingten „Zwangsfamilienzusammenführung“da und dort zu echten Krisen in den Familien führt. Und so frage ich Sie, Herr Patterer, ist’s jetzt mehr ein Problem der Schule – oder ist’s mehr ein Problem der Gesellschaft und seiner Menschen und wie wir (zusammen-)leben?
Peter Mang, St. Veit
Was noch fehlt
Den treffenden Titel seines Kommentars aufnehmend, möchte ich zustimmend ausrufen: Danke, Patterer! Fehlt nur noch die gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen und die Auflösung der leidigen Schulfächer zugunsten eines themenorientierten Unterrichtsund Lehrplans in einem Kurssystem, wie etliche Staaten, die uns bei den meisten Peer-Erhebungen seit Jahrzehnten weit voraus sind, es seit Langem eingeführt haben, dann käme nicht nur endlich die überfällige Bewegung ins österreichische Schul- bzw. Bildungssystem, dann würde vielleicht sogar post Corona(m) fast alles in diesem Bereich wenn nicht endgültig gut, so doch jedenfalls unvergleichlich besser ... Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Artur R. Boelderl, Klagenfurt
Gutes Lernprogramm
Patterer hat recht: Es gibt nichts Schlechtes, an dem nicht auch Gutes ist! Ich kenne einen 12Jährigen, dem in Mathematik plötzlich „der Knopf aufgegangen“ist – das Lernprogramm kann nämlich hervorragend erklären.
Eleonore Bergmann, Graz
Hoffentlich gelesen
Wie wahr, wie wahr! Ich hoffe, dass viele, vor allem Verantwortungsträger, diesen Artikel von
Chefredakteur Hubert Patterer lesen oder gelesen haben, in dem unter anderem von dem schulautonomen Unfug, den jetzt gestrichenen Fenstertagen oder dem Notenschluss Mitte Juni die Rede ist, der im Schulsystem schon als inoffizieller Ferienbeginn anzusehen ist. Hervorgehoben die Idee eines zweiwöchigen Lerncamps für die Schwächeren im Sommer wie in den nordischen Ländern bereits üblich. Die Krise soll’s möglich machen. Danke!
RR Lothar Stelzer, Bezirksschulinspketor i. R., Feldkirchen
Systemkritik
Ich gehe mit Ihnen grundsätzlich d’accord, nur das alles hilft wenig, wenn ein kleiner, aber wichtiger Umstand nicht geändert wird – das betrifft in etwa 5 Prozent der Lehrkräfte. In den 12 Jahren als Elternsprecher sind selbst verzweifelte Pädagogen an mich herangetreten, damit etwas unternommen wird, aber diese Unfähigen, Unwilligen, Zyniker wurden Jahr für Jahr weiter auf unsere Kinder losgelassen. Solange das nicht geändert wird, ist alles andere nur das Lüften eines vermieften Raums.
Thomas Pirker, Graz