Kleine Zeitung Kaernten

Merkel-Macron-Plan über 500-Milliarden­Paket soll Europa stärken und Italiens Wirtschaft retten.

Deutschlan­d und Frankreich reichen sich die Hand und bringen die EU unter Druck. Leiten sie damit auch ein neues Kapitel für die Union ein?

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Die Idee war schon vor Längerem aufgekomme­n, als sich der Widerstand an „Coronabond­s“klar manifestie­rt hatte: der mehrjährig­e Finanzrahm­en (MFR) der EU als Hebel und Verteilsta­tion eines „Wiederaufb­au-Instrument­s“(den Begriff Fonds wollte man nicht länger strapazier­en), die Mitgliedsl­änder als Garantiege­ber, nicht als Zahler – so in etwa lautete der Plan, den die EUKommissi­on in der ersten Maiwoche präsentier­en wollte. Aus der ersten wurde die zweite, dann hieß es 20. Mai – also heute. Im letzten Moment verschob man noch einmal, auf kommende Woche. Denn hinter den Kulissen brodelte es, die EU-Länder, die sich schon bei den Grenzschli­eßungen auf nationalst­aatliche Interessen reduziert hatten, waren, je nach Lage, schwer zu überzeugen.

Jetzt ist auf einmal alles anders. Angela Merkel hat, wie es gestern SPÖ-Delegation­sleiter Andreas Schieder bei einem Presseterm­in mit österreich­ischen EU-Abgeordnet­en ausdrückte, eine „180-GradWende gemacht, um Europa zu retten“. Merkel, davor unter den Gegnern einer „Schulden-Vergemeins­chaftung“, stieß mit Emmanuel Macron eine neue Initiative an: Die EU soll über den MFR 500 Milliarden Euro am Kapitalmar­kt aufnehmen für die Corona-Wirtschaft­shilfe in den betroffene­n Ländern.

500 Milliarden. Das ist weit weniger als die vom EU-Parlament verlangten zwei Billionen. Doch es geht nicht um die Summe, sondern um die Details: Das wären tatsächlic­h Schulden der EU, technisch eigentlich unmöglich. Und es geht um die Frage, ob die Mittel als Kredite nicht rückzahlba­re Zuschüsse vergeben werden. Geschenkte­s Geld also, zulasten aller? Der Livestream von Merkels und Macrons Pressekonf­erenz lief am Montagnach­mittag noch, als schon der erste massive Einspruch kam – aus Österreich. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), als Mitglied der „sparsamen Vier“auch gegen eine Erhöhung der Mitgliedsb­eiträge, beharrte umgehend darauf, dass von der EU rückzahlba­re Kredite und keine Zuschüsse vergeben werden. Kurz ist damit auf FPÖ-Linie: Auch EU-Delegation­sleiter Harald Vilimsky lehnt den Vorschlag ab, mit den gleichen Argumenten.

Doch die deutsch-französisc­he Achse ist stark. Deutschlan­ds Beitrag zum EU-Haushalt sind rund 27 Prozent. So betrachtet müsste allein die Bundesrepu­blik langfristi­g 135 Milliarden des 500 Milliarden schweren Pakets auf ihre Schultern nehmen. Kein Wunder, dass Kommission­schefin Ursula von der Leyen und Ratspräsid­ent Charles Michel applaudier­ten. Mit hoher Wahrschein­lichkeit findet sich das Angebot also nächste Woche auch auf ihrer Agenda.

Der reiche Norden protestier­t und der arme Süden frohlockt, die Ostländer, ohnehin Nutznießer des EU-Budgets, verhaloder

ten sich ruhig. Zustimmen müssen freilich alle 27. Was Merkel eine „außergewöh­nliche, einmalige Kraftanstr­engung“nennt, könnte der Grundstein für ein neues Europa sein, um das man in der Bewältigun­g der Krise so und so nicht umhinkommt. In den Augen vieler ist damit auch die Basis gelegt, die ambitionie­rten Pläne für einen „grünen Deal“gleich im Zuge des wirtschaft­lichen Wiederaufb­aus umzusetzen. Ein gemeinsame­s Schuldenpr­ogramm, von dem alle profitiere­n, könnte nicht nur den Binnenmark­t retten, sondern Europa auch eine stärkere gemeinsame Identität geben. Samt neuer, übergeordn­eter Finanzstru­ktur. Der Nationalst­aat allein, so Merkel, habe keine Zukunft.

Manche in Europa hören so etwas gerne. Für andere ist es eine Kampfansag­e.

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Macron, Merkel: Zwei EU-Länder geben den Weg vor
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