Warum wir die AUA retten sollten
Zur Krisenbewältigung beteiligt sich Wien an Unternehmen und schenkt allen Wienern einen Restaurant-Gutschein. SPÖ-Finanzstadtrat Peter Hanke im Gespräch über den Wiener Weg im Wahljahr, die AUA und das angespannte Verhältnis zur Bundesregierung.
Heute berät der AUA-Aufsichtsrat, wie es weitergehen soll. Sind Sie nervös?
HANKE:
Natürlich, weil die Frage entscheidend ist, für den Wirtschaftsstandort und den Tourismus in Wien. Der Flughafen Wien ist ja ein Hub, der Anschlussflüge ermöglicht. Von diesen Transitpassagen Richtung Südosteuropa leben wir in einem hohen Ausmaß. Deshalb ist es entscheidend, dass wir einen Homecarrier haben. Austrian Airlines ist mit ihrer starken Vernetzung in den deutschen Markt und den Langstreckendestinationen unglaublich wichtig. Diese Fülle kann nicht so einfach durch eine andere Fluglinie aufgefangen werden.
Was halten Sie von ökologischen Kriterien zur AUA-Rettung?
Ich halte von ökologischen Kriterien immer etwas. Allerdings macht der gesamte Flugverkehr nur drei Prozent der CO2-Emissionen aus.
In Frankreich darf die Air France keine Kurzstrecke fliegen, wenn es eine bessere Zugverbindung gibt. Ist das für die AUA denkbar?
Für die Bundesländer ist es wichtig, dass die regionalen Flughäfen auch gut bedient werden. Ja, kürzere Strecken sollte man intensiver mit Bahnverbindungen erschließen. Aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt, das Grundmodell auf den Kopf zu stellen. Jetzt gilt es, Mitspracherecht zu bekommen für das, was an Staatshilfe fließt. Es braucht neben der Standortgarantie auch ein entsprechendes Langstreckennetz. Und es muss eine Beteiligung des Bundes geben, zumindest eine Sperrminorität.
In der Krise beteiligt sich auch die Stadt Wien an Unternehmen ...
... die schwer von der Krise getroffen wurden. Das macht Wien zum ersten Mal. Wir haben einen Eigenkapitalfonds gegründet, über den die Stadt gemeinsam mit Banken, Versicherungen und Privatpersonen 50 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Wir unterstützen Unternehmen damit auf Zeit und beteiligen uns mit höchstens 20 Prozent.
Welche Unternehmen Sie retten?
Wir möchten Unternehmen mit Wiener Identität ansprechen, die für uns Wiener ganz wichtig sind, ohne deren Produkte diese Stadt nicht vorstellbar ist. Weil der operative Start erst am Montag war und wir erst die Liste abarbeiten, kann ich noch keine Namen nennen.
Wie lang ist
denn diese Liste?
Die Liste ist zweistellig und umfasst einige sehr bekannte Unternehmen. Das Interesse ist – leider, muss man sagen – sehr groß. Das lässt darauf schließen, dass viele Unternehmen wirklich eine schwierige Zeit hinter sich haben und noch vor sich haben.
Nach welchen Kriterien wird entschieden, wer gefördert wird?
Es wird einen eigenen Investitionsbeirat geben. Die Entscheidung fällt anhand der wirtschaftlichen Genese und einer Fortführungsprognose. Sie wird getragen sein von betriebswirtschaftlichen Überlegungen und von der Wiener Identität.
Im Beirat sitzen unter anderem Franz Vranitzky und Josef Taus. Riecht das nicht nach Proporz?
Nein, es riecht nach Erfahrung und Qualität. Es gibt darüber hinaus auch eine Geschäftsführung in dieser Gesellschaft. Es geht uns darum, einerseits die Fachleute zu hören und andererseits weise Experten, die wir zum Glück in dieser Stadt haben, einzubinden.
Sie schenken jedem Wiener Haushalt einen Gastronomiegutschein. In anderen Bundesländern gibt es nichts Vergleichbares. Weil dort nicht gewählt wird?
München will ähnliche Gutscheine einführen, ich bekomme viele internationale Rückmeldungen. Wahlen haben damit nichts zu tun. Das Wichtigste in der Krise ist es, Menschen und Unternehmen zu helfen.
Die Gutscheine kosten 40 Millionen Euro. Wäre es nicht zielgerichteter, dieses Geld direkt in Gastronomiebetriebe zu investieren?
Die Regierung hat ein Hilfspaket für Städte und Gemeinden angekündigt. Was versprechen Sie sich davon?
Sehr viel. Ein Rettungsschirm für die Gemeinden ist enorm wichtig. Ich habe auch gemein
sam mit anderen Bundesländern angeregt, dass wir den Finanzausgleich für zwei Jahre verlängern sollen. Wir sollten uns momentan voll und ganz auf die Bewältigung der Krise konzentrieren und erst dann wieder auf die komplexen Finanzausgleichsverhandlungen.
Verhandeln müssen Sie mit Finanzminister Gernot Blümel, der im Wien-Wahlkampf gegen die SPÖ antritt. Wie ist Ihr Draht zur Bundesregierung?
Ich habe einen guten Draht zu Gernot Blümel, und ich schätze ihn. Der politische Wettbewerb ist das eine, die menschliche Herangehensweise das andere.
Die SPÖ beklagt „Wien-Bashing“durch die ÖVP. Spüren Sie konkrete Nachteile für Wien?
Ja, wenn das Wien-Bashing die Grenzen unserer Stadt medial verlässt. Dann sind die Auswirkungen wirklich zu überdenken. Deshalb appelliere ich an alle, die glauben, politisches Kleingeld zu machen mit der Schließung von Gärten oder Sonstigem, das hinten anzustellen. In der Krise sollten wir einen gemeinsamen Nenner suchen und uns nicht auf Abwege begeben.