Kleine Zeitung Kaernten

Von Pleiten und Pleitegeie­rn

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Jede Krise hat ihre spezifisch­en hochfreque­nten Wörter. In der Coronakris­e sind es Vorerkrank­ung, exponentie­lles Wachstum, Homeoffice und Videokonfe­renz. In den Medien sind es auch Wörter, die nichts Gutes bedeuten, wie etwa Rezession, Pleite, Insolvenz und Bankrott. Sehen wir uns die Etymologie (Herkunft) dieser Wörter der Wirtschaft­ssprache näher an.

Das umgangsspr­achliche Wort Pleite wird in Überschrif­ten von Massenmedi­en oft dem fachsprach­lichen Wörtern Insolvenz und Bankrott vorgezogen. Es stammt aus dem Jiddischen, der Sprache der Juden in Osteuropa, Mittelhoch­deutsch vermischt mit slawischen und hebräische­n Elementen. „Plejte“ist die Flucht des zahlungsun­fähigen Schuldners vor den Gläubigern. Der Vogel namens Pleitegeie­r ist eine missverstä­ndliche Umdeutung von Pleitegehe­r wegen der jiddischen Aussprache -geier für -geher. So

entstand dann auch die

Die Pleite teilidioma­tische Redewendun­g

(jiddisch plejte) vom über einer

war ursprüngli­ch Firma kreisenden Pleitegeie­r, einer Firma, die

die Flucht des

vom Konkurs oder einer

zahlungsun­fähigen

Insolvenz bedroht ist. Wie viele alte Wörter

Schuldners vor der Wirtschaft­ssprache

den Gläubigern. stammen Konkurs und

Insolvenz aus dem Lateinisch­en. Dort bedeutet concursus das Zusammenla­ufen oder Zusammentr­effen, nämlich der Gläubiger vor Gericht zwecks Aufteilung des noch vorhandene­n Vermögens des Schuldners. Die Insolvenz (lat. in- ist eine Verneinung­spartikel zu solvere, eine Schuld abtragen, bezahlen) ist die Zahlungsun­fähigkeit des Schuldners.

B ankrott wiederum stammt aus dem Italienisc­hen banka rotta des 15. Jahrhunder­ts und bezeichnet den zerbrochen­en Tisch des (insolvente­n) Geldwechsl­ers. So entstanden die Wendungen Bankrott gehen/machen. Das passiert Unternehme­n vor allem in Zeiten einer schweren Rezession (lat. recessio, das Zurückgehe­n), also eines schwachen Wirtschaft­swachstums oder gar eines Minuswachs­tums. Diese kann durchaus eine Wirtschaft­skrise (griechisch krisis, entscheide­nde Wendung) auslösen. Kleiner Trost am Ende. Die Hoffnung vermitteln­de sprichwört­liche Redewendun­g „Licht am Ende des Tunnels“findet man global in (fast) allen Sprachen.

ist Germanist an der Alpen-Adria-Universitä­t Klagenfurt.

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Josef Schneeweiß über in Krisenzeit­en oft gebrauchte Wörter und Wendungen der Wirtschaft

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