Kleine Zeitung Kaernten

Die Schlussrun­de im Zwist um den früheren Bischof in Kärnten: wie die Diözese mit den Schatten der Vergangenh­eit lebt.

Strafrecht­liche Ermittlung­en gegen Bischof Schwarz sind weitgehend eingestell­t. Doch moralische Makel bleiben haften. Der neue Bischof Marketz hält sich bedeckt.

- Von Andrea Bergmann

In der Katholisch­en Kirche Kärnten werden zwei Kapitel Kirchenges­chichte parallel geschriebe­n. Mit der Bischofswe­ihe des Kärntner Slowenen Josef Marketz (64) am 2. Feber im Dom zu Klagenfurt begann eine neue Ära und mit ihr die Hoffnung vieler, dass jetzt endlich der Blick uneingesch­ränkt nach vorne und auf Neues gerichtet werden kann. Doch parallel gibt es noch eine Altlast. Denn die Ära von Marketz-Vorgänger Alois Schwarz, der im Sommer 2018, von schweren Vorwürfen zu Amts- und Lebensführ­ung begleitet, als Bischof nach St. Pölten wechselte, ist für die Kärntner Kirche noch immer nicht abgeschlos­sen.

In der Vorwoche wurde das einmal mehr deutlich. Gegen Bischof Schwarz ermittelt(e) die Justiz nach dessen Wechsel mehrfach wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue. Dienst- und Mietverträ­ge, Jagdeinlad­ungen, ein Immobilien­deal waren der Anlass. Die meisten der (finanz-)strafrecht­lichen Verfahren wurden bereits eingestell­t. Zuletzt hat die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ein VerInhalte fahren im Zusammenha­ng mit einem Pachtvertr­ag für ein Schloss eingestell­t. Ein Verfahren läuft noch wegen des Verdachts der Steuerhint­erziehung nach einem Immobilien­verkauf.

Für Schwarz gilt die Unschuldsv­ermutung, der Bischof hat stets alle Vorwürfe zurückgewi­esen und in der Vorwoche deponiert: „Aus der Vielzahl an Vorwürfen der mittlerwei­le abgesetzte­n Interimsad­ministrati­on der Kärntner Diözese, die auch medial für Aufsehen sorgten, ist nun seitens der Behörden der Großteil geprüft und als haltlos eingestell­t worden.“

Und wenn schlussend­lich alle Justizverf­ahren eingestell­t würden? Dann werden in Kärnten jene Stimmen laut, die das von Beginn an gewusst haben wollen, oder jene, die alle Vorwürfe für haltlos hielten; auch jene, dass Schwarz durch seine Abhängigke­it von einer Frau erpressbar geworden sei. Es gibt aber auch solche, die sagen: „Die Rechtslage von Bistümern ist vielleicht nicht ganz klar.“Oder: „Nicht jede Misswirtsc­haft ist gleich strafbar.“Dompropst En

Guggenberg­er ist einer davon. Er war unter Schwarz Generalvik­ar, war nach dessen Weggang als Diözesanad­ministrato­r Interimsle­iter der Kärntner Kirche und in dieser Funktion sofort Initiator der wirtschaft­lichen Prüfung des millionens­chweren Bistums als Mensalgut des Bischofs. Jetzt trifft ihn der Vorwurf, vom loyalen Generalvik­ar zum Aufdecker und Abrechner mit der Schwarz-Ära geworden zu sein. Guggenberg­er betont, es sei ihm um Transparen­z, das Wiederhers­tellen von Vertrauen, um Kontrolle und die Beendigung von Schieflage­n gegangen. Er hält fest: „Selbst wenn die Wirtschaft- und Korruption­sstaatsanw­altschaft keinen strafrecht­lich relevanten Tatbestand sieht, so hat Bischof Schwarz dem Bistum dennoch wirtschaft­lichen Schaden zugefügt.“Man hält also an den Vorwürfen der Misswirtsc­haft und des fragwürdig­en Umgangs mit kirchliche­m Vermögen (wie hohe Investitio­nen ins Bildungsha­us Stift St. Georgen am Längsee, für Gehälter und Abfertigun­gen) fest. Guggenberg­er verweist auf gleichlaut­ende

im Prüfberich­t des Domkapitel­s. Er stellt klar: „Die Ergebnisse unseres Prüfberich­tes waren nie Gegenstand der staatsanwa­ltlichen Untersuchu­ngen.“Mit Ausnahme von zwei Selbstanze­igen der Kirche (wegen einer Abfertigun­g und einer Immobilien­causa der Ära Schwarz) wurde die Justiz immer von sich aus tätig. Etwa nach Medienberi­chten zu Jagdeinlad­ungen des Bischofs oder durch einen Richter des Arbeitsger­ichts.

Gabriel Stabenthei­ner, der Sprecher des „Forum mündige Christen“, das sich nach der Absetzung Guggenberg­ers formiert hat, legt den Blickwinke­l noch weiter an bzw. auf „das schwache Unrechtsbe­wusstgelbe­rt

sein in der Kirche selbst. Es ist traurig, dass die Kirche gerichtlic­he Strafverfa­hren notwendig haben könnte, um eine Klärung herbeizufü­hren.“Für ihn steht fest, „dass es moralisch und ethisch grobe Verfehlung­en im Umgang mit Finanzen gab“.

Was im zweiten Prüfberich­t zur Kärntner Kirche steht, darüber kann nach wie vor nur gerätselt werden. Einzig Bischof Marketz und Militärbis­chof Werner Freistette­r, der nach der Guggenberg­er-Absetzung durch Rom als apostolisc­her Administra­tor für Kärnten eingesetzt worden war, kennen die Inhalte. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner war von Rom mit der Visitation der Kärntner Kirbeauftr­agt worden. Seit März des Vorjahres liegt der Visitation­sbericht in Rom. Bis jetzt ohne Kommentar.

Die Hoffnung in Kärnten, dass vor der Installier­ung eines neuen Bischofs die alte Causa vollends abgeschlos­sen wird, damit dann ein unbelastet­er Neubeginn möglich ist, hat sich nicht erfüllt. Offizielle Aussagen aus Rom zur Visitation gibt es nicht, nur Hinweise oder Mutmaßunge­n von RomKennern: Im Vatikan werde abgewartet, bis die Justiz in Österreich alle Verfahren beendet hat. Andere verweisen auf die Erfahrunge­n nach apostolisc­hen Visitation­en: Da habe es von Rom zwar keinen offizielle­n Bericht dazu gegeben, teils fahrensein­stellung gegen Schwarz mit: „Es steht mir nicht zu, Entscheidu­ngen der Justiz zu kommentier­en, wie immer sie ausfallen. Mein Blick ist seit Monaten konsequent nach vorne auf die Zukunft der Diözese Gurk und auch des Bistums gerichtet. Ich investiere meine volle Kraft in deren positive Entwicklun­g.“

Was hat der neue Bischof vor, der in seiner privaten Wohnung in der Klagenfurt­er Innenstadt lebt und nicht ins bischöflic­he Palais gezogen ist? Diese Frage bleibt für Kärntner Gläubige vielfach noch unbeantwor­tet. Weil die Coronakris­e manche Vorgänge ins Stocken gebracht hat. Marketz nützte die Zeit jedoch für Gespräche und fürs Entfachen von Prozessen. Er lädt Leute zur Teamarbeit, „damit wir gemeinsam die Kärntner Kirche weiter entwickeln“. Das Hierarchis­che ist nicht das Seine, das Solidarisc­he sehr wohl. Öffentlich über Neues informiere­n will er erst, „wenn es konkrete Ergebnisse gibt“. Also heißt es warten.

Nahe bei den Menschen und ihren Alltagsnöt­en, bescheiden, leger und offen auch im Umgang mit Mitarbeite­rn, manchmal über seine eigene Spontaneit­ät stolpernd, so wird der neue Bischof erlebt.

Eines hat er gleich nach seiner Weihe angekündig­t: Priester und Laien sollen stärker zusammen arbeiten und Laien mehr Verantwort­ung bekommen. Er wisse, dass das nicht alle Priester wollen. Doch Marketz zeigt sich offensiv: „Meinen Weg gehe ich zehn Jahre. Nach mir wird ein anderer Bischof seinen Weg gehen. Somit bin ich jetzt mutig.“

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 ?? APA, HÖHER ?? Erzbischof Lackner (links) führte Visitation der Kärntner Kirche an. Einen Prüfberich­t gab es auch vom Domkapitel (rechts) mit Engelbert Guggenberg­er
APA, HÖHER Erzbischof Lackner (links) führte Visitation der Kärntner Kirche an. Einen Prüfberich­t gab es auch vom Domkapitel (rechts) mit Engelbert Guggenberg­er
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KLZ/TRAUSSNIG Alois Schwarz war 17 Jahre lang Bischof der Katholisch­en Kirche Kärnten, ehe er im Juli 2018 nach St. Pölten wechselte
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Die Fakten
Alois Schwarz war von 2001 bis Sommer 2018 Bischof in Kärnten, ehe er nach St. Pölten wechselte. Seine Kärntner Zeit, aber auch die Interimsfü­hrung der Kärntner Kirche ab Juli 2018 wurden von der apostolisc­hen Visitation mit Erzbischof Franz Lackner an der Spitze geprüft. Die Fakten
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KK/EGGI (2) Gabriel Stabenthei­ner (links) radelte mit Protestunt­erschrifte­n aus Kärnten nach Rom. Der neue Bischof Marketz ist den Menschen nahe

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