Kleine Zeitung Kaernten

Hallo, Wien, klare Fakten!

Die Deutschen sollen kommen, den Österreich­ern schneidet die Bundesregi­erung den Weg in den Süden ab. Grenzöffnu­ngen und Tourismus können keine Einbahn sein.

- Antonia Gössinger

Koste es, was es wolle. Nach diesem von ihr geprägten Motto möchte die Bundesregi­erung die Sommersais­on für den heimischen Tourismus retten. Die Österreich Werbung erhält ein Sonderbudg­et von 40 Millionen Euro. Die Beschäftig­ten im Tourismus sollen flächendec­kend auf das Covid-19-Virus getestet werden, ab Anfang Juli in ganz Österreich 65.000 Tests pro Woche durchgefüh­rt werden. Diese guten Nachrichte­n verkündete­n gestern der Bundeskanz­ler und die Tourismusm­inisterin.

Mit den Tests als Vorsichtsm­aßnahmen will Österreich sich als sicheres Urlaubslan­d präsentier­en. Und damit wohl auch dem verheerend­en Bild entgegenwi­rken, das vom Winter-Infektions­herd Ischgl europaweit ausgesandt wurde. Mit dem Slogan „Auf dich wartet ein guter Sommer“wird man vor allem die zahlenmäßi­g mit Abstand stärkste Gästegrupp­e umwerben, die Deutschen. Für sie werden die Reisebesch­ränkungen bald aufgehoben.

Zu Deutschlan­d, zur Schweiz und zu Liechtenst­ein gehen die Grenzen am 15. Juni vollständi­g auf. Und zwar auf Basis bilatera

antonia.goessinger@kleinezeit­ung.at

ler Gespräche. Auf gemeinsame Richtlinie­n aller EU-Staaten für die Rücknahme der Reisebesch­ränkungen konnten sich die Tourismusm­inister bei einer Videokonfe­renz am Mittwoch nicht einigen. Deshalb werden Grenzöffnu­ngen nur auf Basis bilaterale­r Abkommen erfolgen können.

Die Grenzöffnu­ngen müssten „vorsichtig und schrittwei­se“sowie auf Basis „klarer Fakten und klarer Gesundheit­sdaten“erfolgen, sagt der Außenminis­ter. So weit, so nachvollzi­ehbar.

Nicht nachvollzi­ehbar ist, warum neben Deutschlan­d, der Schweiz und Liechtenst­ein sich Wien auch mit Tschechien, der Slowakei und Ungarn über die Öffnung der Grenzen Mitte Juni bereits geeinigt hat, während es für die südlichen Grenzen Österreich­s nicht nur keinen Zeitplan, sondern offenbar nicht einmal intensiver­e bilaterale Gespräche gibt.

Die Vorsicht gegenüber Italien ist angesichts der Härte, mit dem das Nachbarlan­d vom Virus getroffen wurde, verständli­ch. Mittlerwei­le ebbt die Pandemie im ganzen Land ab. Die Nachbarreg­ionen Friaul und das Veneto waren nie so stark betroffen. Deshalb gilt es, auf die „klaren Fakten und Gesundheit­sdaten“zu schauen, auch in Bezug auf Slowenien. Dieses südliche Nachbarlan­d hat geringste Infektions­zahlen und hohe Testraten.

Der Appell des Kanzlers und der Ministerin, die Österreich­er mögen ihren Urlaub heuer daheim verbringen, ist zu unterstrei­chen. Aber bitte freiwillig! ie Deutschen sollen kommen und ihr Geld hierlassen, den Österreich­ern schneidet man den Weg in den Süden ab? Nicht nur Tourismus kann wohl keine Einbahn sein!

Die Grenzöffnu­ng im Süden braucht es nicht nur für den Tourismus, sondern für die gesamte Wirtschaft im AlpenAdria-Raum. Hallo, Wien, im Süden Österreich­s leben auch Staatsbürg­er, die das Recht haben, dass ihre Interessen von der Bundesregi­erung wahrgenomm­en werden.

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