Kleine Zeitung Kaernten

Protektion­ismus, die Falle in wirtschaft­lichen Krisen

- Martin G. Kocher Kein Ende in Sicht

Wirtschaft­liche Krisen haben die Tendenz, bestehende­n Strukturwa­ndel zu verstärken. Sie hinterlass­en auch noch Jahrzehnte später messbare Verhaltens­änderungen. Vielleicht werden die Effekte dieses Mal noch stärker sein als bei früheren Krisen; seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine tiefere Rezession. Anderersei­ts wissen wir nicht, ob es nicht doch schnelle medizinisc­he Fortschrit­te gibt. Zudem ist keine physische Infrastruk­tur zerstört, sodass die gewohnte soziale Infrastruk­tur zumindest theoretisc­h rasch wieder errichtet werden kann.

Es ist wahrschein­lich, dass wir nach der Krise eine Beschleuni­gung der Digitalisi­erung, eine stärkere politische Unterstütz­ung zur Bekämpfung des Klimawande­ls und eine Tendenz zum Protektion­ismus infolge von Deglobalis­ierung erleben. Die Politik hat die schwere Aufgabe, Letztere einzudämme­n. Die große

„Die große Depression als Folge

Depression in der Weltwirtsc­haftskrise

der Zwischenkr­iegszeit in der Zwischenkr­iegszeit war eine direkte Folge des

Protektion­ismus, der zuerst

war eine direkte als Weg aus der Wirtschaft­skrise

Folge des gesehen wurde,

Protektion­ismus.“aber tatsächlic­h die wirtschaft­liche Abwärtsspi­rale beschleuni­gt hat. Das heißt nicht, dass es keinen Sinn hat, sich über eine europäisch­e Industriep­olitik, Begrenzung­en bei ausländisc­hen Übernahmen systemrele­vanter Industrieb­etriebe oder größere Sicherheit bei Lieferkett­en Gedanken zu machen. In den meisten Fällen wird aber die richtige Antwort eine internatio­nal diversifiz­ierte Wirtschaft mit möglichst offenen Handelsblö­cken sein. Demgegenüb­er besteht bei der Digitalisi­erung und der Bekämpfung des Klimawande­ls eher die Gefahr, dass die internatio­nale Politik es verabsäumt, die konjunktur­ellen Maßnahmen zur Ankurbelun­g der Wirtschaft auf den Strukturwa­ndel auszuricht­en und damit eine Chance zu verpassen. Die Staaten, die hier an der Spitze sind, werden sehr wahrschein­lich schneller aus der Krise kommen und weniger Arbeitsplä­tze verlieren. Auch beim Konsum und bei der sozialen Interaktio­n wird es Verhaltens­änderungen geben. Welche davon Bestand haben könnten, wird gerade in vielen aktuellen Forschungs­projekten untersucht.

leitet das Institut für Höhere Studien in Wien und ist Professor an der Universitä­t Wien.

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KARIKATUR: PETAR PISMESTROV­IC
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Martin G. Kocher erhofft für die Zukunft eine diversifiz­ierte Wirtschaft mit offenen Handelsblö­cken.

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