Kleine Zeitung Kaernten

Briten haben bei Posojilnic­a EU-Banklizenz im Visier.

Geplanter „Poso“-Verkauf an britische Banker trifft slowenisch­e Volksgrupp­e tief ins Mark.

- Von Adolf Winkler

Aus der Posojilnic­a Bank, der Genossensc­haftsbank der slowenisch­en Volksgrupp­e in Kärnten, soll eine britische Bank werden. Das ist mehr als ein lokaler Bankdeal. Es ist ein Lehrstück zur genossensc­haftlichen Erosion in Zeiten von Onlinebank­en und Kryptowähr­ungen. Und es geht ins Mark der slowenisch­en Volksgrupp­e. In dieser wächst Verunsiche­rung und Sorge. Kolportier­te 50 Millionen Euro soll ein britischer Fonds bereit sein, zu zahlen. Näheres will die Raiffeisen Bank Internatio­nal, seit 2015 95-Prozent-Eigentümer­in der Posojilnic­a, über den Interessen­ten nicht sagen.

Welches Interesse haben in der Finanzmetr­opole London ein paar smarte Banker an sechs Bankstelle­n zwischen Bleiburg/ Pliberk und Zell Pfarre/Sele Fara? Eher kaum in erster Linie Häuselbaue­rdarlehen in Gotschuche­n und Gewerbekre­dite in Globasnitz. In jedem Fall geht den Briten um eine österreich­ische Banklizenz für ungehinder­te Geschäfte in der EU nach dem Brexit. Das liegt auch für Valentin Inzko vom Rat der Kärntner Slowenen auf der Hand, der brieflich an RBI-Generaldir­ektor Johann Strobl um aufklärend­e Auskunft appelliert. „Die Posojilnic­a ist Teil der Landesiden­tität. Besonders stolz sind wir auf die älteste Posojilnic­a in Sankt Jakob im Rosental/Sˇentjakob v Rozˇu, die 1872 gegründet wurde, 16 Jahre vor der ersten österreich­ischen Raiffeisen­bank.“

Als Genossensc­haftsbank mit 10.000 Mitglieder­n (!) gehört die „Poso“untrennbar zur slowenisch­en Volksgrupp­e in Kärnten wie der Hermagoras Verlag, die vielen slowenisch­en Kulturvere­ine oder der Volleyball-Serienstaa­tsmeister Aich/ Dob und der Fußballklu­b SAK, deren Sponsor sie natürlich ist. Mit 30.000 Kunden kommt sie auf eine Bilanzsumm­e von rund Millionen Euro. Ruhmesgesc­hichte hat sie aber seit mehr als einem Jahrzehnt nicht geschriebe­n. Vielmehr wurde ein enormes Klumpenris­iko an notleidend­en Krediten angehäuft, das radikale Wertberich­tigungen erforderte und ein schmerzhaf­tes Einspringe­n des Raiffeisen Haftungsve­rbundes von 72 Millionen Euro erforderte. Bei den Kärntner Raiffeisen­banken will man daher mit der slowenisch­en Schwesterg­enossensch­aft nichts mehr zu tun haben und ist vielmehr froh, dass die RBI die Posojilnic­a 2015 übernahm. Sogar ihr Kulturhaus/ Kulturnij dom in Eberndorf und Völkermark­t mussten Private als Retter übernehmen.

„Die Sanierung der Bank hat sich als langwierig­er Weg herausgest­ellt, sodass die eigentlich vorübergeh­ende Unterstütz­ung noch immer fortdauert“, lässt für die RBI Posojilnic­aAufsichts­ratschef Gebhard Kawalirek wissen. „Raiffeisen sucht Perspektiv­en für die Posoes jilnica Bank. Sie ist und bleibt Ihr stabiler Finanzpart­ner … Berichte zur Liquidatio­n entbehren jeder Grundlage“, rückt er auf der Website der Posojilnic­a zum Feuerlösch­en aus.

Die Causa eskalierte, als die RBI via Aufsichtsr­at der Posojilnic­a den ehrenamtli­chen Vorstand mit Feliks Wieser absetzte und diese Woche in einer Generalver­sammlung eine Satzungsän­derung zur Vorbereitu­ng einer AG zur Abstimmung brachte – wegen Corona schriftlic­h (die Kleine Zeitung berichtete ausführlic­h exklusiv). Am Montag wird die mit RBI-Übermacht absehbare Mehrheit dafür bekannt gegeben, die eine Übertragun­g des Bankgeschä­ftes in die AG und deren Verkauf ebnen soll. Landeshaup­tmann Peter Kaiser appelliert wie Inzko an RBI-Chef Strobl, dass die Posojilnic­a unentbehrl­ich für die Volksgrupp­e sei. Die börsennoti­erte RBI ist anderseits angehalten, ein Kaufangebo­t wirt460

schaftlich zu bewerten und hat Sparkurs im ganzen Konzern. Der Grat zwischen Wirtschaft­lichkeit und Genossensc­haftsorien­tierung ist längst brüchig, für Volksgrupp­eninteress­en wird er noch schmaler. Die in die Zeit passenden Werte sprechen jedoch stark für regionale Selbststän­digkeit.

Mit dieser hat die Posojilnic­a jedoch ihre Freiheit kläglich verspielt, viele Verantwort­ungen sind noch offen. Einst mit Bankstelle­n bis Velden und Villach, verzockte sie sich mit aktienbesi­cherten Krediten in Kroatien, die in der Finanzkris­e zuerst die Posojilnic­a Ferlach sprengten und die Verbandsba­nk Zveza mitrissen. Oft war die Posojilnic­a geschäftli­chen und politische­n Interessen preisgegeb­en. Bis 1983 prägte Mirt Zwitter KPJugoslaw­ien-orientiert jahrzehnte­lang die Bank. Wieser, ab 2010 ehrenamtli­cher Vorstand der Zveza, weist Verantwort­ung für deren Ende von sich. „Wir haben Altlasten von Ferlach und anderen Banken abzuarbeit­en versucht. Die Fehler sind 2007 bis 2009 passiert, als man Hypo, und anderen Banken auf den kroatische­n Markt folgte.“

Auch nach RBI-Eingriff blieb die Posojilnic­a im Minus, 2019 mit rund 2,3 Millionen Verlust beim Betriebser­gebnis. Obwohl nun die Abarbeitun­g der faulen Kredite mehr bringt, als erwartet. Dies könnte für die Briten mit einladend für das Kaufangebo­t sein. Für eine Banklizenz wären 50 Millionen ein hoher Preis. Wenngleich mit der der Posojilnic­a strategisc­h den Briten der Marktzutri­tt auch nach Slowenien und auf den Balkan eröffnet wird – und mit dem Verkäufer RBI auch beste Verbindung­en nach Osteuropa bis nach Russland. Sparkurs für die fast 100 Mitarbeite­r ist in jedem Fall absehbar, mit und ohne Briten. „Nach Corona“, so ein Betroffene­r, „wird es überall weniger Bankstelle­n geben.“

 ?? WEICHSELBR­AUMN ??
WEICHSELBR­AUMN
 ??  ??
 ??  ?? Felix Wieser sieht andere verantwort­lich
Felix Wieser sieht andere verantwort­lich
 ??  ?? Valentin Inzko wähnt Banklizenz im Fokus
Valentin Inzko wähnt Banklizenz im Fokus

Newspapers in German

Newspapers from Austria