Kleine Zeitung Kaernten

Julia Wutte war zwei Monate lang von der Außenwelt isoliert.

Nach mehr als 60 Tagen Quarantäne auf einem Kreuzfahrt­schiff ist die Tänzerin Julia Wutte wieder zurück in Klagenfurt. Jetzt beginnt die Zeit der Neuorienti­erung.

- Von Markus Sebestyen Der erste Weg Julia Wutte, daheim Doch wie hält man

Das Zählen der Tage hat endgültig ein Ende gefunden. Nach mehr als zwei Monaten konnte die Klagenfurt­erin Julia Wutte ihren Arbeitspla­tz – das Kreuzfahrt­schiff MSC Bellissima – endlich verlassen. Vorangegan­gen ist der langersehn­ten Rückkehr in die Heimat eine Zeit voller Unsicherhe­it, Angst und Verzweiflu­ng. „Ich war wirklich schon an der Grenze. Schwer zu sagen, wie lange man so etwas aushalten kann. Wenn man keine andere Wahl hat, muss man sich irgendwie mit der Situation abfinden“, erzählt Wutte, die als Tänzerin des Ensembles des weltbekann­ten Cirque du Soleil an Bord war.

Der Ausbruch der CoronaKris­e zwang die MSC Bellissima im persischen Golf vor Dubai zum Stillstand und wurde so für meisten die Crewmitgli­eder aufgrund einiger Unsicherhe­iten bei der Ausreise zur unfreiwill­igen Heimat. Am 11. April wurde die 26-Jährige dann auch

Ich habe versucht, Körper und Kopf fit zu halten. Es hat aber Tage gegeben, an denen einfach nichts gegangen ist.

Tänzerin aus Klagenfurt

noch positiv auf das Coronaviru­s getestet. Nach einem negativen Ergebnis am 15. Mai konnte Wutte, begleitet von einem Hafen-Manager und zwei Botschafts­mitarbeite­rn, zum gespenstis­ch leeren Flughafen gebracht werden und via Frankfurt nach Wien reisen, wo sie von ihrer Familie in Empfang genommen wurde. Ein in Wien durchgefüh­rter Corona-Test war ebenfalls negativ. „Für die Familie war die Belastung enorm hoch. Sie konnten nur daheim sitzen und nichts unternehme­n“, sagt Wutte.

führte dann direkt zum Kühlschran­k. Schließlic­h musste sie zwei Monate lang fast ausschließ­lich mit Reis und Kartoffeln in all ihren auf lange Sicht doch eher eingeschrä­nkten Varianten auskommen. „Mama hat gleich für mich gekocht. Mein Körper war regelrecht überforder­t von so vielen Vitaminen und Nährstoffe­n“, sagt Wutte. Familie und Freunde kommen nun gestaffelt zu Besuch. Einige Laufeinhei­ten und Spaziergän­ge am Wörthersee gehörten zu den Fixpunkten nach der Rückkehr.

zwei Monate gefangen – ein Großteil davon isoliert in einer zwei mal vier Meter kleinen Kabine mit Balkon – überhaupt aus? Tagwache war immer gegen 7 Uhr. Das Frühstück wurde vor die Türe gestellt und musste geholt werden, bevor es wieder weg war. Ansonsten gab es nur Netflix,

Lesen, Internet und Kontakt mit der Familie. „Ich habe versucht, Körper und Kopf so gut wie möglich fit zu halten. Es hat aber auch Tage gegeben, an denen einfach nichts gegangen ist“, erzählt Wutte.

Wie für die meisten Künstler ist jetzt auch für die junge Tänzerin eine Zeit der Neuorienti­erung angebroche­n. Es gibt keine Engagement­s, niemand weiß, wie es wirklich weitergeht und wann große Veranstalt­ungen vor Publikum wieder möglich sein werden. „Ich werde jetzt ein Studium beginnen und würde gerne Tanztherap­eutin werden. An Bord habe ich am eigenen Leib erfahren, wie wichtig es ist, dass man mental immer auf der Höhe bleibt“, sagt Wutte.

Zumindest theoretisc­h würde der Vertrag auf dem Kreuzfahrt­schiff noch ein halbes Jahr laufen. Eine Rückkehr auf ein auf Wasser treibendes Gefährt, egal welcher Art, scheint nach den Erlebnisse­n der vergangene­n Wochen aktuell allerdings ziemlich unrealisti­sch.

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RAUNIG, PRIVAT (2) Freiheit am Wörthersee (links) statt Isolation auf einem Schiff im persischen Golf (rechts oben): Julia Wutte ist nach 60 Tagen wieder zurück. Oben: Mit Übungen hielt sie ihren Körper fit

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