Gestrandete Bettenburgen im Mittelmeer
In diesem Jahr ist kaum noch mit Kreuzfahrtschiffen in der Adria zu rechnen. Die Natur atmet auf, Bürgerväter, Souvenirhändler und Gastronomen fürchten millionenschwere Ausfälle.
Wale und Delphine vor der Küste von Split: Das Ausbleiben der überdimensionierten Ozeanriesen lässt die Natur in der Adria aufatmen – und sorgengeplagte Bürgerväter und Gastronomen millionenschwere Ausfälle fürchten. Selbst ein Abflauen der Corona-Krise dürfte die oft eher älteren Liebhaber massenhafter Meerestouren in dieser Saison kaum noch die als Virusverbreiter verrufenen Kreuzfahrtplanken entern lassen. „Venedig, Dubrovnik und Kotor können die Kreuzfahrtschiffe vergessen“, titelt das montenegrinische Webportal „Boka
News“. Die atemberaubende Passage in die enge, von schwarzen Gipfeln umsäumte Bucht von Kotor zählte in den letzten Jahren zu den beliebtesten Höhepunkten von Adria-Kreuzfahrten. Allein im letzten Jahr war die Zahl der mit den Kreuzfahrtschiffen angelandeten Tagestouristen in der Hafenstadt um ein Drittel auf 650.000 Gäste geklettert.
Ein Kaffee, eine Pizza oder ein Souvenirmagnet zum GratisSelfie: Durchschnittlich ließen die Kurzhosenträger bei ihren Landgängen 40 bis 50 Euro pro Nase in der Stadt zurück. Auf 25 bis 30 Millionen direkte und fast denselben Betrag an indirekten Einnahmen beziffern Montenegros Tourismusexperten Kotors letztjährige Umsätze aus dem Kreuzfahrtgeschäft.
Doch die Viruskrise hat die Branche weltweit lahmgelegt. Zum größten Einnahmeverlierer der Kreuzfahrtkrise droht neben Venedig Kroatiens bisher populärstes Touristenmekka zu werden: Allein im letzten Jahr drängelten sich 800.000 Kreuzfahrtschiffpassagiere durch die engen Altstadtgassen im normalerweise schon ab April völlig überlaufenen Dubrovnik.
Zu allem Übel zählt die weit im Süden Dalmatiens gelegene Adriaperle auch bei den Übernachtungen weniger auf mit dem eigenen Auto anreisende Besucher als auf per Flugzeug einfliegende Gäste – vor allem aus dem vom Coronavirus besonders hart getroffenen Großbritannien und den USA. Im „optimistischen“Szenario könne Dubrovnik allenfalls auf 30 Prozent der Vorjahreseinnahmen kommen, rechnet Bürgermeister Frankovic vor: „Das könnte für den Sektor genug sein, um bis zum nächsten Sommer zu überleben.“