„Es bleibt nie das komplette Leben verschlossen“
Matthias Steiner (37) krönte sich 2008 zum Olympiasieger. Der Ex-Österreicher ist Erfolgsautor, Unternehmer und startet eine Brot-Revolution.
Viele kennen das Foto, als Sie nach der Olympiamedaille im Gewichtheben das Bild Ihrer verstorbenen Frau in die Kamera zeigten. Wie hat sich dieser Moment auf Ihr restliches Leben ausgewirkt?
MATTHIAS STEINER: Für mich war dieser Moment der Abschluss einer Reise. Weil es ja so geplant war, dass meine Frau in Peking mit dabei ist. Koste es, was es wolle. Das war unser gemeinsames Ziel. Das konnten wir gemeinsam nicht erreichen. Deswegen war das der krönende Abschluss. Ich habe das Bild auch bei der Europameisterschaft mitgehabt, da hat es ja keinen Menschen interessiert. Dass in der Außendarstellung so etwas rauskommt, das konnte ich ja nicht erahnen. Und was danach wurde. Das war für mich erstmals schockierend. Vor allem total überfordernd. Ich wurde ja überall hingezerrt. Aber es war auch eine gewisse Verarbeitung für mich.
Sie sind Botschafter für viele Organisationen. Ist Ihnen diese Arbeit wichtig, weil Sie selbst Diabetes haben und viele Schicksalsschläge haben ertragen müssen? Ich mache das in dem Bereich, wo ich selber etwas zu sagen habe. Ich sage auch, es wird unglaubwürdig, wenn es zu viel wird. Ich bin selber Typ-1Diabetiker, ich habe ganz viel Erfahrung auf dem Gebiet, kann aber immer noch lernen – gerade im Leistungssport – und kann das weitergeben. Und das ist total befriedigend. Warum soll ich dann andere Dinge machen? Thema Organspende. Ich bin in der Vergangenheit konfrontiert gewesen damit. Das spielt eine große Rolle und da traut sich eh kaum jemand ran. Das sind alles Sachen, die mich ein bisschen selbst betreffen oder mit denen ich schon Erfahrungen gemacht habe.
Dass Sie in komplett anderen Bereichen Erfolg haben können, hat das damit zu tun, dass Sie immer an sich selbst glaubten? Sie ließen sich auch mit 18 nicht von der Diagnose Diabetes den Spitzensport nehmen.
Man muss sich selbst einmal fragen: Will ich das auch? Wenn es das ist, traue ich mir auch Dinge zu. Wenn ich ein Angebot bekomme, probiere ich es aus. Und wenn das nicht geht, geht wieder eine andere Tür auf. Es bleibt einem nie das komplette Leben verschlossen.