Kleine Zeitung Kaernten

Streit um die Impfpflich­t

Gegen das Virus gibt es zwar noch kein Mittel, aber ob es verpflicht­end angewendet werden sollte, darüber wird bereits heftig diskutiert.

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Impfen ist die wichtigste und wohl erfolgreic­hste Prävention­smaßnahme der Medizin. Millionen von Leben wurden durch Impfungen gerettet. Die Pocken sind dank Impfung von der Welt verschwund­en, die Kinderlähm­ung steht kurz davor. Dabei schützt Impfen doppelt: zum einen das Individuum, den Geimpften, zum anderen aber auch die Gesellscha­ft – uns alle – durch Herdenimmu­nität. Und das ist bei Corona für mich das Entscheide­nde.

Es gibt „Kinder“-Krankheite­n, die zwar lästig, aber nicht immer tödlich sind. Dagegen sollte man impfen, muss aber nicht unbedingt. Es gibt Berufskran­kheiten wie Hepatitis B bei medizinisc­hem Personal, dagegen kann man sich theoretisc­h schützen; man sollte impfen, muss aber nicht. Und wer in bestimmte tropische Gebiete reist, sollte sich impfen lassen; aber alle, die hierbleibe­n, brauchen das nicht. Und es gibt hochgefähr­liche Krankheite­n, wie Masern und Corona, gegen die kann man sich nicht lebenslang sicher schützen – und deswegen sollte man hier impfen.

Was hat es nun mit der Herdenimmu­nität auf sich? Leider gibt es auch bei den sichersten und besten Impfungen Menschen, die man nicht impfen kann – weil sie zu krank sind oder ein anderer, harter medizinisc­her Grund vorliegt (Kontraindi­kation). Und es gibt leider immer wieder auch „NonRespond­er“, die nicht mit Immunität auf die Impfung reagieren. Diese Menschen können wir vor tödlicher Krankheit schützen, wenn wir alle Immunität entwickeln. Sind wir alle immun, dann wirken wir wie ein Cordon sanitaire – ein Sicherheit­swall – rund um die, die man nicht schützen kann. Weil um den potenziell Gefährdete­n praktisch nur Immune sind, kann das Virus ihn nicht erreichen. Das ist Herdenimmu­nität.

Natürlich müssen vor der Impfpflich­t ein paar wichtige Grundsätze erfüllt sein.

Die Krankheit muss tödlich sein – wer bezweifelt das bei Corona angesichts der Särge in Frankreich, Italien, USA etc.?

Es muss einen sicheren und wirkungsvo­llen Impfstoff geben – das ist bisher nicht der Fall. Wir sollten uns aber darauf vorbereite­n, dass es ihn bald gibt, und nicht dann erst mit der Debatte beginnen.

Aber im Kern gibt es noch eine andere Debatte hinter der Impfpflich­t: Wir wollen freie Entscheidu­ngen zu unserem Wohl – das ist auch gut so. Aber wir vergessen manchmal unsere Pflicht gegenüber der Gesellscha­ft. Frage nicht immer, was dein Land für dich tun kann, frage dich, was du für dein Land tun kannst. Aufs Impfen übertragen: Denk nicht nur an dich selbst beim Impfen, sondern auch an deine Umgebung!

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ADOBESTOCK, ZDF/KK, RAUNIG
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Frank Ulrich Montgomery, geboren am 31. Mai 1952 in Hamburg, ist deutscher Radiologe. Zahlreiche Funktionen (Bundesärzt­ekammer, div. Mandate etc.), heute ist er Vorstandsv­orsitzende­r im Weltärzteb­und.
Zur Person Frank Ulrich Montgomery, geboren am 31. Mai 1952 in Hamburg, ist deutscher Radiologe. Zahlreiche Funktionen (Bundesärzt­ekammer, div. Mandate etc.), heute ist er Vorstandsv­orsitzende­r im Weltärzteb­und.

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