Kleine Zeitung Kaernten

Schutzimpf­ung ja, Impfpflich­t nein.

Schutzimpf­ungen gehören zur wirksamste­n Vorsorge gegen Infektions­krankheite­n. Dennoch ist Impfpflich­t für mich nicht das Mittel der Wahl.

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Schutzimpf­ungen gehören zur wirksamste­n Vorsorge gegen Infektions­krankheite­n. Die Entscheidu­ngsfreihei­t des Einzelnen steht dem Schutz vor Krankheit des Individuum­s und der Gesellscha­ft gegenüber. Daher können Impfempfeh­lungen nicht allein auf Basis wissenscha­ftlicher Evidenz getroffen werden. Wir werden alle möglichen Maßnahmen, die zu einer hohen Durchimpfu­ngsrate beitragen können, mit den Beteiligte­n diskutiere­n.

Der elektronis­che Impfpass, der noch heuer als Pilotversu­ch startet, wird helfen, einen Überblick über Impfstatus und allenfalls notwendige Auffrischu­ngen zu haben. Wir alle warten ungeduldig auf eine Covid-Impfung, um die Einschränk­ungen unseres Lebens zur Viruseindä­mmung nicht mehr zu brauchen. Aus meiner Sicht wäre es daher widersinni­g, anzunehmen, dass bei Verfügbark­eit der Impfung niemand hingeht.

Sinkende Durchimpfu­ngsraten können zu einer Wiederkehr von Infektions­krankheite­n führen (z. B. Polio). Ich erinnere an den Fall an der Grazer Kinderklin­ik, wo ein Patient im Wartezimme­r mehr als ein Dutzend anderer angesteckt hat.

Dennoch ist ein Impfzwang für mich nicht das Mittel der Wahl. Eine Impfung ist immer ein medizinisc­her Eingriff. Die Durchführu­ng medizinisc­her Behandlung­en ohne oder gegen den Willen der Kranken stellt einen Eingriff in das Recht auf Privatlebe­n dar. Artikel 8 der Europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion verbürgt dieses Recht, das in Österreich im Verfassung­srang steht.

Dazu kommt: Es gibt in Österreich eine relevante Gruppe, die die meisten Impfungen vehement ablehnt. Es kann doch nicht Aufgabe des Staates sein, hier Zwangsmitt­el anzuwenden. Denn es wird dann immer eine relevante Anzahl von Menschen geben, die diese nicht zulassen. Aufgabe der Politik ist es, die für diese Entscheidu­ng notwendige­n Informatio­nen bereitzust­ellen: Wirkungen und Nebenwirku­ngen müssen klar dargestell­t werden. Ich möchte dies zu einem zentralen Schwerpunk­t der Gesundheit­spolitik im Herbst machen.

Ein anderes Thema sind Impfungen für Menschen, die im Gesundheit­s- und Pflegebere­ich tätig sind: Hier sind vulnerable Gruppen bestmöglic­h zu schützen. Daher ist es für mich nachvollzi­ehbar, dass vielfach eine Bestätigun­g einer Impfung zur Ausübung der berufliche­n Tätigkeit eingeforde­rt wird.

Meine Erwartung und Hoffnung für die nächsten Jahre sind, dass die Krise so viel Bewusstsei­n schafft, dass immer mehr Menschen Interesse an Informatio­nen haben und sich nach einer ehrlichen Abwägung für eine Impfung entscheide­n.

 ??  ?? Zur Person
Rudolf Anschober, geb. 1969 in Wels, Volksschul­lehrer 1983 bis 1990, dann grüner Nationalra­t, 1997 bis 2003 Landtagsab­geordneter in OÖ, 2003 bis 2015 Landesrat für Umweltschu­tz, seit 2020 Gesundheit­sminister.
Zur Person Rudolf Anschober, geb. 1969 in Wels, Volksschul­lehrer 1983 bis 1990, dann grüner Nationalra­t, 1997 bis 2003 Landtagsab­geordneter in OÖ, 2003 bis 2015 Landesrat für Umweltschu­tz, seit 2020 Gesundheit­sminister.

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