„Mein Kalender ist ein Trümmerhaufen!“
Startenor Michael Schade eröffnet am kommenden Samstag die Klagenfurter Konzertreihe „Klassik im Burghof“.
Michael Schade, geb. 1965 in Genf, hat deutsche und kanadische Wurzeln und zählt zu den führenden Tenören unserer Zeit.
Ist seit 2007 österreichischer Kammersänger und seit 2014 künstlerischer Leiter der Barocktage Melk.
War mit der Mezzosopranistin Norine Burgess verheiratet und lebt derzeit in einer Großfamilie mit seiner Frau Dee McKee und acht Kindern.
Von wem stammt eigentlich das humorvoll-zweideutige Zitat: „Schade, das war gut?“
MICHAEL SCHADE (lacht): Von Ioan Holender, er sagte dies zu mir nach einer Opernaufführung an der Wiener Staatsoper, als er noch Direktor war.
Wie haben Sie die Corona-Zeit verbracht?
Eigentlich habe ich jeden Tag gearbeitet und neue Rollen und Programme einstudiert. Außerdem habe ich unendlich viel telefoniert, denn ich musste viele Konzerte der heurigen Barocktage Melk, deren Intendant ich bin, absagen und das wollte ich jedem Künstler persönlich mitteilen. Aber es ist uns gelungen, fast das gesamte Programm auf 2021 zu verschieben. Denn nichts ist schlimmer, als komplett abzusagen. Weiters habe ich mit meiner Frau und Tochter viele Spaziergänge gemacht. Ich habe das Glück, dass ich in Wien in einer grünen Gegend mit viel Wald in der Nähe wohne.
Welche Ihrer eigenen Auftritte wurden abgesagt?
Das war eine große Menge, wo ich hätte mitwirken sollen: In Wien „Arabella“von Strauss, Wagners „Fliegender Holländer“in Toronto, Mahlers „Lied von der Erde“in Istanbul, „Die tote Stadt“von Korngold oder ein Liederabend in Australien. Ganz extrem ist es in den USA, da wurde vieles bis Dezember abgesagt. Mein Kalender ist ein einziger Trümmerhaufen, denn
auch viele andere Projekte im Herbst wurden gecancelt.
Sie mussten auch ihre Hochzeit absagen …
Im Jänner haben wir zwar standesamtlich geheiratet, die kirchliche Hochzeit hätte jetzt sein sollen, die habe wir wegen der Krise aber auf Dezember verschoben.
Hat Sie die Krise finanziell hart getroffen?
Ja, ich habe bis Juli circa ein Drittel meines Einkommens verloren. Trotzdem muss ich zufrieden sein, denn ich lebe nicht nur von Opernauftritten, sondern habe auch eine halbe
Professur auf der Wiener Musikuniversität. Hart getroffen, hat es die freischaffenden Kollegen und hier besonders die jüngeren, die noch nicht so etabliert sind. Denen versuche ich durch diverse Engagements zu helfen.
Sie habe in Melk und in der Wachau an einem wunderbaren Film, der zu Pfingsten in ORF III gezeigt wurde, singend mitgewirkt. Wie ist das so, in einer völlig leeren Kirche zu singen?
Sehr eigenartig aber auch sehr spirituell. Es hat uns nachdenklich gemacht, aber wir wollten ein positives Zeichen in diesen dunklen Tagen setzen und den
Leuten Hoffnung geben, dass der Pfingstgeist da ist. Ich habe dafür Lieder von John Dowland neu einstudiert.
Sind Sie in Klagenfurt schon aufgetreten, wo sie die Konzertreihe „Klassik im Burghof“eröffnen werden?
In Klagenfurt noch nicht, aber in Villach und Ossiach beim Carinthischen Sommer. Aber ich kenne Kärnten, die Gegend ist wunderschön und ich freue mich, hier auftreten zu können. Und ich möchte ausdrücklich ein großes „Danke“sagen, denn wo andere schon längst abgesagt haben, hat man in Klagenfurt gesagt: „Wir spielen trotzdem.“Es freut mich auch, die junge und sehr begabte Geigerin Sophie Druml präsentieren zu können. Es ist mir immer ein großes Anliegen, jungen Nachwuchskünstlern eine Bühne zu geben. Auch die Pianistin Kristin Okerlund ist fantastisch.
Sie singen ein buntes Programm, von Händel bis Strauss. Auch Schubert, Gershwin und Traditionals sind zu hören sowie der Hit „Mariettas Lied“aus Korngolds „Toter Stadt“....
Ja, und es erklingen auch drei Arrangements von Fritz Kreisler – für die Geigerin. Die sind zum Niederknien schön. Darauf freue ich mich auch sehr.
Klassik im Burghof: 4. Juli bis 19. September, jeweils um 11 Uhr, im Burghof Klagenfurt (bei Schlechtwetter im Konzerthaus)