Der schnellste Sprint forderte bitteren Tribut
Niederländer Fabio Jakobsen nach Sturz bei Polen-Rundfahrt „stabil“– Bernhard Eisel kritisiert Zieleinlauf: „Haben immer gewarnt“.
FVon Michael Schuen
und Georg Michl
abio Jakobsen wurde an Ort und Stelle noch erstversorgt, da gingen die Bilder des Horrorsturzes auf der ersten Etappe der Polen-Rundfahrt in Kattowitz schon im Netz viral – solch ein Crash zieht. Leider. Auch wenn es sogar positive Nachrichten gibt: Denn Jakobsen, der zunächst in künstlichen Tiefschlaf versetzt worden war, kam wohl ohne schwere Hirn- und Wirbelsäulenverletzungen davon. Allerdings erlitt er erhebliche Gesichtsverletzungen, sein Rennstall-Manager Patrick Lefevre meinte: „Alle Knochen in seinem Gesicht sind gebrochen. Der Zustand ist sehr schlimm, wir beten weiter, dass er überlebt.“
Auslöser des Sturzes war ein Manöver von Dylan Groenewegen, der seinen Kontrahenten im Sprint immer näher zur Bande abgedrängt und ihm schließlich auch noch einen Stoß mit dem Ellbogen verpasst hatte. Ein Sturz war nicht mehr zu verhindern. Bernhard Eisel, einer der erfahrensten Ex-Profis, schauderte es vor dem Bildschirm selbst. Er stört sich aber daran, einzig Groenewegen in Verantwortung zu nehmen: „Es geht nur in die Richtung, den anderen Fahrer zu richten. Der hat einen Fehler gemacht – und weiß das auch. Er wurde disqualifiziert, wird sicher lange gesperrt.“Aber das sei nicht der Kern des Problems, denn im Sprint würden die Kontrahenten immer mit allen Mitteln versuchen, zu siegen. Eisel: „Mir geht es um den abschüssigen
Sein Zustand ist nach OP „ernst, aber stabil“: Fabio Jakobsen
Zieleinlauf, den wir schon seit Jahren kritisieren. Man kommt hier mit rund 80 km/h herangebraust, da ist jeder Fehler verheerend. Scheinbar geht es aber wirklich nur darum, den schnellsten Sprint der Welt zu haben.“
in „Radpension“und als Experte für GNC und Eurosport tätig, erläutert weidie ter: „Wir Fahrer haben schon immer gebeten, den Zieleinlauf umzudrehen. Aber diese Bitte wurde immer übergangen. Deshalb finde ich es schade, dass weder Veranstalter noch UCI eingestehen, auch Fehler begangen zu haben.“
Dass die Bande dem Aufprall nicht standhielt, sei „logisch, wenn ein 80-kg-Kraftpaket mit 90 km/h dagegen donnert. Aber es war nicht das erste Mal, dass einer alles abräumt“. Was Jakobsen, so er sich von dem Sturz bald erholt, immer im Kopf bleiben wird, weiß der Steirer und Wahlkärntner aus eigener Erfahrung: „Sich von so einem Sturz zu erholen, ist fast unmöglich“, sagt er leise. Wege, solche Stürze zu verhindern, kennt er selbst nicht: „Es ist halt keine Tartanbahn mit acht Spuren. Bewegung gibt es immer, es geht ja auch um Taktik.“
Für Ex-Sprinter Rene Haselbacher, selbst mitunter „Opfer“im Gefecht um den Tagessieg, ist aber klar: „Groenewegen gehört gesperrt. Er hätte seinen Kontrahenten sehen müssen und hat das sicher auch. Reibereien sind ganz normal, aber nicht in so einer Intensität. Ellbogen sind absolut verboten, da muss man auch ein Zeichen setzen“, erklärt der Burgenländer.