Herta Stockbauer über den Kriminalfall Commerzialbank.
INTERVIEW. Die Banken seien in der Coronakrise Teil der Lösung, sagt Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank. In der Causa Commerzialbank sieht sie kein Systemversagen: „Wer betrügen will, kann betrügen.“
War es in der Bankenlandschaft nie ein Thema, wie es sein konnte, dass eine kleine Regionalbank im Burgenland Fantasiezinsen bezahlt? HERTA STOCKBAUER: Wir sind ja im Burgenland unmittelbare Nachbarn, die Einlagenzinsen der Commerzialbank lagen immer über dem Marktniveau. Man fragte sich: Wie geht sich das aus? Über die Region hinaus hat die Bank aber nie eine Rolle gespielt.
Der Mitbewerb vermutete keine kriminellen Machenschaften? Nein, aber wie sich das wirtschaftlich ausgeht, diese Frage hat man sich schon öfter gestellt – wie schon bei der Hypo Alpe Adria. Dieser unfassbare Kriminalfall war in unserem Denkspektrum nicht vorhanden.
Viele sagen: Banken werden nicht gut genug kontrolliert, wenn einfach so Hunderte Millionen Einlagen erfunden werden. Die Vorschriften sind deutlich verbessert worden, auch die Prüferqualität passt. Aber wer betrügen will, kann betrügen. Kein Aufsichtssystem kann so feinmaschig gestrickt werden, dass das nicht möglich wäre.
Aber man hätte doch früher draufkommen müssen.
Das gehört aufgearbeitet: Ist genug hingeschaut worden? Es wird sicher noch viele Amtshaftungsklagen geben. Das ist ein kleinräumiges personelles Versagen, aber keines des Systems.
Es sind immer wieder kleine Institute in Kriminalfälle verwickelt. Tatsache ist, dass in kleinen Instituten einzelne Personen mehr tun können. Ich könnte keine einzige Buchung im Haus absetzen, weil ich keine Berechtigung habe.
Sie sitzen im Aufsichtsrat der Einlagensicherung, deren Topf beinahe geleert ist. Muss man sich als Sparer Sorgen machen? Nein. Aber es stimmt, viel ist im Topf jetzt nicht mehr da. Aber es gibt eine Verpflichtung der anderen Banken, das wieder aufzufüllen.
Was, wenn jetzt ein größeres Institut in Not geriete?
Die Einlagensicherung ist ein sehr komplexes System, das sich bewährt. Wenn sich das alles nicht ausgeht, müsste die Einlagensicherung Kredite aufnehmen. Auch wir müssen laufend einzahlen und nachschießen – in den nächsten fünf Jahren um 1,5 Millionen Euro mehr.
Kunden gingen zur Commerzialbank der Zinsen wegen – und jetzt müssen andere für den riesigen Schaden bezahlen. Ärgert Sie das? Ja, das ist nicht fair. Niemand kann es sich leisten, systematisch zu hohe Zinsen zu zahlen. Wenn das System eine Schwäche hat, dann diese. Der Gesetzgeber muss sich überlegen, Einlagenzinsen, die so deutlich über dem Marktdurchschnitt liegen, nicht mehr zu ersetzen.
staatlich garantierte Kredite seien jetzt von den Banken nicht zu bekommen. Stehen die Banken in der Krise zu sehr auf der Bremse? Nein, das haben wir uns oft anhören müssen. Wir haben niemanden weggeschickt. Wer immer zu uns gekommen mit einer 100-Prozent-aws-Haftung, hat den Kredit auch bekommen.
Manche fürchten sich vor einem Bankencrash infolge der Krise.
Das sehe ich weit und breit nicht. Die Banken sind jetzt Teil der Lösung. Es zeigt sich in den Bankbilanzen bislang nicht, dass notleidende Kredite gestiegen wären. Aber jede Bank ergreift Vorsichtsmaßnahmen und rüstet sich für Kreditausfälle im vierten Quartal und nächsten Jahr. Wir werden dann auch eine Reihe von Insolvenzen sehen.
Wie viele Kredite muss die BKS Bank derzeit stunden?
1500 bis 1700 im Volumen von 30 Millionen Euro. Im privaten Bereich hatten wir mit deutlich mehr gerechnet. Es ist der schwerste Einbruch, aber wahrscheinlich auch der kürzeste.
Die Krise befördert auch den Strukturwandel in der Bank?
Wir ernten jetzt die Früchte, haben fast unser gesamtes Produktspektrum digitalisiert. Wir haben auch ganz neu eine digitale Bank geschaffen, BKS Bank Connect – diese neue Einheit fertigzustellen ist uns trotz Corona gelungen.
Sie haben im Zwist mit der Bank Austria das Vorgehen des Vorstandsvorsitzenden der Bank Austria, Robert Zadrazil, als „beschämend“bezeichnet. Sie und die BKS werden von Ihrem Miteigentümer auf und ab geklagt.
Es geht um Macht und Einfluss, die Bank Austria will eine beherrschende Rolle spielen. Mit 30 Prozent kann man aber nicht beherrschen. Von den fadenscheinigen Vorwürfen ist absolut nichts übrig geblieben.
EZB bzw. FMA fordern die Banken auf, keine Dividenden auszuzahlen. Halten Sie sich daran?
Die Mindestdividende für Vorzugsaktionäre auszuzahlen, ist ein gesetzliches Erfordernis. Für Stammaktionäre wurde die Dividende aufgeschoben.