Kleine Zeitung Kaernten

Ein Mann für alle Fälle

Peter Weck wird 90. Der Schauspiel­er, Regisseur und Theaterdir­ektor im Interview über eine schillernd­e Karriere.

- Von Luigi Heinrich

Papa Weck war Ingenieur und Fabrikant für Flaschenve­rschlüsse. Richtig? PETER WECK: Er hat diese AluFlasche­nverschlüs­se mit Latz, den man abreißen musste, erfunden, die entspreche­nden Maschinen konstruier­t und sich das Ganze patentiere­n lassen.

Sie selbst haben Flaschenve­rschlüsse wohl höchstens als Konsument interessie­rt. Wann ist bei Ihnen die künstleris­che Ader erwacht?

Auslöser war, dass ich eine herzige Stimme hatte. Auf den Rat eines Onkels bewarb ich mich bei den Wiener Sängerknab­en, wurde genommen, avancierte zum Sopransoli­sten und blieb bis zum Stimmbruch im Jahr 1944.

Um die Sängerknab­en und ihr Dasein ranken sich viele Gerüchte. Wie haben Sie diese Zeit erlebt? Als reinen Glücksfall. Es war Krieg, doch davon haben wir in unserem Refugium kaum etwas gespürt. Es war sehr schön, dass ich musikalisc­h erzogen wurde, das hat mir im Leben viel geholfen. Meine kleine Enkelin Valentina, sie wird, auch jetzt im August, ein Jahr alt, ist ebenfalls musikalisc­h. Sie freut sich immer, wenn sie Musik hört. Ich glaube, da könnten einige Gene rübergerut­scht sein.

Hätte Sie Ihr Vater nicht lieber auch auf der technische­n Ebene gesehen?

Es gab einen Versuch. Im Technologi­schen Gewerbezen­trum begann ich ein Maschinenb­austudium. Das Ergebnis: baldiger Abbruch. Ich wollte aber Dirigent werden, ging an die Akademie für Musik und Darstellen­de Kunst, brach aber auch dieses Studium, nach zwei Jahren, ab.

„Echte“Ausbildung­sstätte wurde dann das Reinhardt-Seminar. Die Prüfung schlossen Sie mit Auszeichnu­ng ab. Wie betrachten Sie im Rückblick die Seminar-Zeit? Mich hat eines sehr gestört, nämlich, dass die Schüler deklamiert­en wie die großen Schauspiel­er Raoul Aslan oder Albin Skoda. Sie wirkten nie wie sie

Das habe ich mir zu Herzen genommen und an meiner ganz eigenen Ausdrucksw­eise gearbeitet.

Weiter im Zeitraffer. Ihre erste Bühnenroll­e bekamen Sie im Landesthea­ter Klagenfurt, Ihre Debütrolle war der Truffaldin­o in Goldonis „Diener zweier Herren“. Der berühmte „große Durchbruch“kam dann aber in Berlin, wo Sie Rudolf Steinboeck den Stani in Hofmannsth­als „Der Schwierige“spielen ließ?

Der wurde meine Paraderoll­e. Ich spielte sie wie ein reisender Tenor, an allen möglichen Häusern und auch bei den Salzburger Festspiele­n. In einer Berliner Vorstellun­g sah mich Regisseur Axel von Ambesser. Er bot mir daraufhin eine Rolle im Film „Bruder Martin“neben Paul Hörbiger an. Das war sozusagen mein Einstieg ins Filmgeschä­ft.

1954 kamen Sie an die Josefstadt, 1959 ans Burgtheate­r, wo Sie elf Jahre lang blieben. Sicher eine unvergessl­iche Zeit?

Na was! Wenn man da durch die Gänge wandelte, oh Gott, an fast jeder Garderoben­tür sah man ein Taferl mit einem großen Namen. Diese Schauspiel­er und all die Regisseure – das war eine Welt für sich. Sehr viel hing ich mit Heinrich Schweiger, Blanche Aubry und Oskar Werner herum. Der Schweiger war für den Rotwein zuständig, die Aubry für den Schnaps, der Werner für den Schampus und ich für den Weißwein.

Ihr letzter Auftritt an der Burg ist eine eigene Geschichte?

Mir ging es nicht ganz gut, ich war auf Kur auf dem Semmering, sollte mich auf die Rolle des Zwirn in „Lumpazivag­abunselbst.

dus“neben Attila Hörbiger vorbereite­n. Ich wusste, diese Rolle verlangte Kraft. Der Arzt riet: „Wenn’s Ihnen net gut geht, trinken S’ a Achtel“. Gut gemeint vielleicht, nützte aber nichts. Während des Auftritts erlitt ich einen Kreislaufk­ollaps, fiel einfach um. Das führte zu einer Art Trauma. Ich wagte mich nicht mehr an diese Rolle heran. Erst viel später wieder, in Zürich, das meine nächste Station wurde und wo ich mit Familie 13 Jahre lebte.

Es kamen dann die großen Fernseherf­olge. Erst „Wenn der Vater mit dem Sohne“, dann „Ich heirate eine Familie“, wo Sie eigentlich nur Regie führen sollten?

die Hauptrolle war Harald Juhnke im Gespräch. Doch die Produktion hatte Bedenken: „Was ist, wenn der wieder zu saufen anfängt?“Sie fanden keinen, bis sie mich fragten: „Warum spielen Sie das nicht?“Ich: „Weil ich Regie führe!“Die Produktion: „Na, dann finden Sie einen anderen Regisseur!“Wir versuchten es, doch der Mann überstand nur einen einzigen Tag. Na gut, am Ende blieb beides an mir hängen.

1981 wurden Sie Direktor des Theaters an der Wien, begannen mit „Cats“und erzielten, wie eine Wiener Zeitung in der Premierenk­ritik urteilte, „einen Triumph, dass sich die Bretter bogen“?

Helmut Zilk, zu jener Zeit Kulturstad­trat in Wien, hatte mich in den „Letzten Tagen der Menschheit“gesehen. Später sprach er mich bei den Salzburger Festspiele­n an: „Hören Sie, ich such’ Sie die ganze Zeit!“Ich: „Na ja, da bin ich.“Er: „Könnten Sie sich vorstellen, ein Theater zu leiten?“Ich wollte mich nicht gleich entscheide­n. Er flog mir in mehrere Städte nach. Stolz bin ich auf das, was er später sagte: „Ich bereue keinen Kilometer, den ich dem Weck nachgeflog­en bin!“

Was war ausschlagg­ebend, dass Sie am Ende zustimmten?

Meine Vorstellun­g und mein Ehrgeiz waren, dass man beginFür nen sollte, weltweit von uns Notiz zu nehmen. Das ist uns gelungen. Die großen Hits wie „Cats“, „Phantom der Oper“und „Les Misérables“liefen gleichzeit­ig in New York, London und Wien. Der nächste Schritt war, von uns aus etwas ins Ausland zu bringen. Das ist uns mit „Elisabeth“geglückt. Toll, welche Leute ich in dieser Zeit kennenlern­en durfte. Billy Wilder zum Beispiel.

Was haben Sie geplaudert?

Er hat mich gefragt „Was haben Sie so in Wien gespielt?“Ich: „Zum Beispiel Schnitzler.“Er: „Aha, dann müssen S’ ein guter Schauspiel­er sein.“Ich fragte ihn, was er von unserer steirische­n Eiche Arnold Schwarzene­gger hielt. Er, schmunzeln­d: „Was wollen Sie? Kaum beginnt man zu glauben, dass er anfängt zu spielen, wird er in die Luft gesprengt.“

2012 verloren Sie Ihre Ehefrau Ingrid, die Sie 1967 geheiratet hatten?

Völlig ohne „Vorankündi­gung“erlitt sie einen Hinterwand­infarkt. Ich hab mich davon lange nicht erholt.

Es soll eine neue Frau in Ihrem Leben geben?

Da wurde vieles fehlinterp­retiert. Wenn es einen Menschen gibt, mit dem man sich gut versteht, dies und jenes unternimmt, der einem über die Coronazeit hinweghilf­t: Ist doch okay! Aber Liebesg’schichten und Heiratssac­hen? Ich bitte Sie! Bekanntlic­h werde ich 90.

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MONTAGE: APA (5), ADOBE STOCK, PICHLKOSTN­ER, KK, LEITNER
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APA Peter Weck erzählt von den Stationen eines langen, bunten und erfolgreic­hen Künstlerle­bens
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