Komödie der Verwirrungen
Von Franzobel
Es gibt in Österreich ein geheimes Amt, dessen Aufgabe es ist, Ämter und Ministerien so umzubenennen, dass sich niemand auskennt – ein Amt für „silly names“. Denken Sie etwa daran, bei welchen Ministerien Sport oder Kultur Unterschlupf finden mussten. Und jetzt hat dieses Amt ein neues, universal einsetzbares Ressort: Nachhaltigkeit. Prinzipiell ist Nachhaltigkeit etwas Gutes, werden doch Umwelt, Klimaschutz, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung berücksichtigt. Aber Nachhaltigkeit ist auch ein hässliches Unwort, das für alles herhalten muss. Zahnbürsten aus Bambus, TofuSchnitzel, Geldanlagen. Alles soll plötzlich nachhaltig sein. Tourismus, Architektur, Tierhaltung, Kunst. Bald wird es kein Räuscherl mehr geben, war nur der Alkohol nachhaltig. Ein neues Ideal! Kinder in der Schule, Katholiken, Führerscheinprüflinge, Haustiere – alle werden zur Nachhaltigkeit erzogen. Nicht mehr lange und auch Sportvereine werden nachhaltig spielen.
Doch zurück zum Amt für Ministeriumsumbenennungen. Bis vor Kurzem gab es ein Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, das dieses Jahr aber seine Zuständigkeiten für Umwelt und Energie an das bisherige Verkehrsministerium abgegeben hat und in BM für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus umbenannt worden ist, während das Verkehrsministerium nun BM für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, kurz BMKUEMIT heißt. 1972 hieß das spätere Nachhaltigkeitsministerium noch brav BM für Gesundheit und Umweltschutz, woraus 1987 das BM für Umwelt, Jugend und Familie wurde. 2000 gingen die Umweltzuständigkeiten ins Landwirtschaftsministerium und die Agenden für Jugend und Familie in das Sozialministerium, das spätere Nachhaltigkeitsministerium hieß damals BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, kurz BMLFUW. Kennen Sie sich noch aus? Das Amt zur Verwirrung durch Umbenennung leistet gute Arbeit. 2014 dann eine Hasardaktion, man nannte es Lebensministerium. Viel zu simpel! 2018 kam die nächste Namensänderung, hieß es endlich BM für Nachhaltigkeit und Tourismus, aber die Bezeichnung war so nachhaltig, dass sie keine zwei Jahre hielt.
Es ist, als ob in der Ministeriumsbenennung eine Sollbruchstelle eingebaut wäre, eine Obsoleszenz. Das einzig Nachhaltige daran ist die dauerhafte Verwirrung. Wörter wie Nachhaltigkeit sind gut gemeint, aber sobald sie zum Platzhalter für alles werden, auch gefährlich. Große Konzerne schreiben es auf ihre Fahnen, werben mit Umweltaktivisten und Klimaschutz, aber meist ist das nicht mehr als Marketing. Ich bin gespannt, wie lange das Wort Nachhaltigkeit nachhält. Länger als das Ministerium? Aber keine Sorge, dem Amt fällt bestimmt bald etwas Neues ein.
Franzobel ist Schriftsteller und Sportfan.