Zur Person
geboren 1986 in Hildesheim/D als Tochter eines Lehrer-Ehepaares.
und Dirigentin. 2007 Kapellmeisterin in Heidelberg, 2014 Generalmusikdirektorin in Erfurt, seit 2018 in Nürnberg. hat nach der umjubelten Opernpremiere jedenfalls einen neuen Liebling, und das zugeschriebene Attribut „Jahrhunderttalent“ist nur insofern falsch, als Mallwitz schon viel zu reif für ein „Talent“ist.
Falsch ist übrigens auch die von praktisch allen Medien kolportierte Meldung, sie sei die erste Frau überhaupt, die beim seit 100 Jahren bestehenden Festival eine Oper oder Opernserie dirigiere. Denn 1994 war die Amerikanerin Anne Manson bei einer Aufführung von Modest Mussorgskis „Boris Godunow“für Claudio Abbado eingesprungen, seine Assistentin hatte damit als allererste Frau überhaupt die Wiener Philharmoniker geleitet. 2004 stemmte die Britin Julia Jones alle fünf Aufführungen von Mozarts „Entführung aus dem Serail“in Stefan Herheims heftig umstrittener Inszenierung. Und Lokalmatadorin Elisabeth Fuchs, Chefdirigentin der Philharmonie Salzburg, war im Mozart-Jahr 2006 im Einsatz, als man die Mini-Opern „Der Schauspieldirektor“und „Bastien und Bastienne“zu einer entzückenden Collage mit Holzpuppen und leibhaftigen Sängern verschmolz. von W. A. Mozart. Dirigentin: Joana Mallwitz, Regie: Christof Loy.
12., 15. und 18. 8., Großes Festspielhaus, Salzburg. Karten: Tel. (0662) 8045-500, www.salzburgerfestspiele.at Ausstrahlung: 15. 8., 19.30 Uhr, Ö 1.
Joana Mallwitz, die heute und noch drei weitere Male im Großen Festspielhaus die „Così“dirigiert. Den Zweiakter von 1790 hatte sie ja mit dem deutschen Regisseur Christof Loy zu einer für Coronazeiten tauglichen Strichfassung verdichtet, ohne dass letztlich spürbar etwas fehlte, wie das einhellig begeisterte Feuilleton feststellte. Federnd leicht und ordentlich zupackend, präzise in der Zeichengebung und Details fein modellierend – so stellte sich die sympathische Deutsche mit den Wiener Philharmonikern im Olymp der Klassik vor.
Dabei schien zunächst wenig darauf hinzudeuten, dass sie dorthin kommt, wie Mallwitz selber in der Ö-1-Sendung „Intermezzo“andeutete. Zwar hatte sie ab drei Klavier und ab fünf Geige gelernt, aber „ich komme aus keinem musikalischen Haushalt, darum waren mir symphonische Musik und die Welt der Oper fremd“. Dennoch kam das Sprungbrett zur Karriere bald – mit einem Frühstudiengang für Hochbegabte in Hannover, wo sie als 13-Jährige bei Schuberts „Unvollendeter“oder Strawinskis „Sacre du Printemps“Erweckungserlebnisse hatte und sich sagte: „Ich muss mit solcher Musik mein Leben verbringen!“
Schon mit 19 war Mallwitz parallel zu ihrem Klavier- und Dirigierstudium am Theater Heidelberg engagiert, wo sie zunächst korrepetierte und dann mehr und mehr Richtung Pult rutschte. 2014 trat sie als jüngste Generalmusikdirektorin Europas ihr erstes Leitungsamt am Theater Erfurt an. Und seit 2018 hat die Ausnahmedirigentin diesen Posten am Staatstheater Nürnberg inne.
der Leidenschaftlerin im Umgang mit Orchestern und Solisten lautet: „Man muss echt sein, bei sich sein, Authentizität ist die größtmögliche Kraft.“Und sie ist auch eine beherzte Vermittlerin. Zum Beispiel in sogenannten „Expeditionskonzerten“, bei denen sie Werke gleichsam in ihre Einzelteile zerlegt und den Menschen näherbringt. „Ich war immer jemand, der über einer Partitur gesessen ist und am liebsten rausgerannt wäre, um den Leuten auf der Straße zu sagen, wie wunderschön die eine oder andere Passage ist. Und jetzt kann ich das!“, sagte sie in einem APA- Interview lachend.
Joana Mallwitz, in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Opernwelt“2019 zur Dirigentin des Jahres gewählt, findet Fragen zu Frauen am Pult übrigens hinfällig: „Wenn wir hinausgehen, sind wir alle einfach Musiker.“