Obmann-Stichwahl bei der Kärntnermilch. Auch Bruder von Geschäftsführer tritt als Kandidat an.
Favorit ist Albert Petschar, Bruder von Geschäftsführer Helmut Petschar, der beteuert, Aufsicht bliebe getrennt. 2019 positiv, 2020 mit Corona-Opfer der Bauern stabil.
Hochspannende Generalversammlung der Kärntnermilch heute im Globo Plaza in Villach. Erstens wegen der Corona-Lage, in welcher die rund 1000 Milchlieferanten ein empfindliches Preisopfer bringen mussten, zweitens küren die Delegierten der rund 2400 Mitglieder der Molkereigenossenschaft einen neuen
Obmann – erstmals in einer Kampfwahl. Nominierter Kandidat für die Nachfolge des scheidenden Obmannes Reinhard Scherzer ist der Töplitscher Landwirt Albert Petschar, den der Verwaltungskörper in einer Abstimmung mit großer Mehrheit vorgeschlagen hat. Ihn fordert der Gitschtaler Landwirt Roman Berger mit eigenem Wahlvorschlag heraus.
Beide sind engagierte Milchbauern und erfahrene Funktionäre der Kärntnermilch. Petschar, der einen Hof mit 60 Milchkühen bewirtschaftet, ist seit 16 Jahren im Vorstand, Berger seit zehn Jahren, auf seinem Hof stehen 40 Milchkühe. Petschar ist Obmann im Braunviehzuchtverband, Brunner Kammerrat der Freiheitlichen Bauerschaft.
Als Favorit gilt Albert Petschar, und das sorgt schon vor der Wahl für Diskussionen. Er
der Bruder des langjährigen Kärntnermilch-Geschäftsführers Helmut Petschar. Wäre eine solche Brüder-Konstellation aufsichtsrechtlich zulässig? Helmut Petschar verweist auf die langjährige Vorstandstätigkeit der beiden Kandidaten und die Kontrollzuständigkeit des Aufsichtsrates: „Dort bleibt ja Leo Brunner Aufsichtsratsvorsitzender.“Der Obmann gehöre nicht dem Aufsichtsrat an. Dieser sei zusammen mit dem Vorstand mit über 30 Mitgliedern sehr breit aufgestellt, steht für Helmut Pet- schar Geschäftliches über Familiärem.
Volle Konzentration auf das Geschäft erfordert von Bauern und Molkerei die prekäre Corona-Lage. Schon 2017 und 2018 hatte die Milchwirtschaft
schwere Jahre und die Kärntnermilch mit ihren rund 200 Mitarbeitern blieb in beiden Jahren bei knapp 100 Millionen Euro Umsatz wegen hoher Investitionen beim Betriebsergebnis im Minus. Heute kann Petschar „für 2019 ein positives Ergebnis vorlegen“.
Umso mehr hat 2020 die Corona-Schließung die Milchlieferanten und die Molkerei erwischt. „Uns brach die gesamte Gastronomie und damit 25 Prozent des Umsatzes weg.“Die Kärntnermilch reagierte mit einer Maßnahme, die heftige Diskussionen und auch Verzweiflung auslöste. Im April und Mai sollten die Bauern um zehn Prozent weniger Milch liefern, um damit eine Million Kilogramm Milch vom Markt zu nehmen. Für jede denist
noch mehr gelieferte Milch wollte die Kärntnermilch statt 40 Cent pro Kilogramm im April nur noch 15 Cent zahlen, im Mai überhaupt null Cent.
Die schmerzhafte Rücknahme hat sich „als richtige Maßnahme erwiesen“, so Petschar. „Die Bauern haben die Lieferung mit Direktvermarktung und Kälberfütterung reduzieren können, damit ist es gelungen, den Preis für Milchprodukte am Markt zu halten. Wir hätten sonst mit Billigaktionen die Produkte absetzen müssen. So konnten wir im Mai für den Überschuss rückwirkend ebenfalls 15 statt null Cent zahlen und der Milchpreis für die Bauern ist mit 40,03 Cent stabil und leicht angehoben.“Weil jetzt der Sommertourismus in Kärnten auf Hochtouren läuft, wagt Petschar für 2020 sogar einen zuversichtlichen Ausblick auf „ein stabiles Geschäftsjahr“.