Kleine Zeitung Kaernten

Erwartungs­management

Eineinhalb Wochen rastloser Kommunikat­ion eher bescheiden­er Inhalte liegen hinter uns. Die Regierung läuft Gefahr, eines ihrer wichtigste­n Instrument­e zu verheizen.

- thomas.goetz@kleinezeit­ung.at Thomas Götz

Sie waren bald das Ziel von Spott, die Synchronau­ftritte zu dritt oder zu viert, mit denen uns die Regierung im Frühjahr nahezu täglich via Livestream die neue Wirklichke­it erklärte. Der Hohn war ungerecht. In rasender Folge änderten sich damals die Bedingunge­n, unter denen wir aus dem Haus gehen, Freunde sehen oder Urlaub machen durften. Informatio­n aus erster Hand befriedigt­e ein dringendes Bedürfnis nach Klarheit und Übersicht in verworrene­r Lage. Die Häufung war zwar ungewohnt und manche dieser meist koalitionä­r ausgewogen besetzten Präsentati­onen waren entbehrlic­h. Aufs Ganze betrachtet aber hatte diese Informatio­nsdichte sicherlich zum raschen Abflachen der Ansteckung­skurve beigetrage­n.

Der heurige Herbst ist mit den dramatisch­en Anfangstag­en des Lockdowns nicht vergleichb­ar. Die Zahlen steigen zwar langsam wieder an, aber wir wissen jetzt besser, was dagegen hilft. Cluster lassen sich schneller ermitteln, isolieren und bekämpfen. Sollte die Regierung in dieser Situation zur Kommunikat­ionsstrate­gie des

Frühjahrs zurückkehr­en, könnte bei den Adressaten schon bald ein Gefühl des Überdrusse­s entstehen.

Am Montag der Vorwoche hatten wir gehört, der Bundeskanz­ler plane, am Freitag eine Erklärung abzugeben. Dienstag und Mittwoch folgten Überschrif­ten aus dem Text, der vor Journalist­en verlesen werden sollte. Am Sonntag folgten zahlreiche Interviews, die wiederum nahtlos zum Sommergesp­räch im ORF überleitet­en.

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober versuchte dasselbe in kleinerem Format mit seiner „Erklärung“, die am vergangene­n Dienstag ähnlich wenig Neues ans Licht brachte. Gemeinsam war beiden Events, dass sie ihrerseits auf Neuigkeite­n neugierig machten, die am Mittwoch nach dem Ministerra­t verkündet werden sollten, diesmal von beiden Koalitions­parteien gemeinsam. Erwartungs­management nennt man das im Fachjargon. Heute können wir Bilanz ziehen über eineinhalb Wochen von Ankündigun­gen von Ankündigun­gen von Erklärunge­n zur Lage der Nation.

Das Ergebnis fällt dürftig aus. Licht am Ende des Tunnels und einen normalen Sommer verkündete der Kanzler, einen Impfstoff vielleicht im Jänner der Minister. Gemeinsam warnten sie vor großen Weihnachts­feiern und rieten zum Einsatz des Hausversta­ndes. Keine Verschärfu­ng der Maßnahmen, wie kryptische Andeutunge­n im Vorfeld befürchten ließen. Aber auch aufmuntern­de Worte haben in düsteren Zeiten ihre Wichtigkei­t.

Vor der Fortsetzun­g dieses Stakkatos sei trotzdem gewarnt. Die tägliche Pressekonf­erenz eignet sich hervorrage­nd dafür, große Menschenme­ngen durch angespannt­e Zeiten zu steuern. Verkommt sie zum Plauderstü­ndchen, nutzt sie sich ab und verliert ihre Wirkung. Im Ernstfall, der in den nächsten Wochen und Monaten durchaus wieder eintreten könnte, fehlt dann ein wirkungsvo­lles Instrument.

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