Leuchtturm auf der Suche nach Strahlkraft
100 statt 2000 Aussteller: Die Technikmesse IFA startet in Berlin heute stark verkleinert. Und Tesla will bald selbst Strom liefern.
Klasse statt Masse. So könnte – ist man der Messe wohlgesonnen – auf die heurige Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin geblickt werden. Bösere Zungen sprechen dem langjährigen Taktgeber in Sachen Unterhaltungselektronik indes gänzlich die Leuchtturmfunktion ab.
Wie dem auch sei: Stellten in normalen Jahren 2000 Firmen für 250.000 Besucher aus, sind heuer knapp 100 Unternehmen in Berlin vor Ort präsent. Vier anstelle der sonst mehr als 20 Messehallen sind geöffnet, als Besucher werden ausschließlich akkreditierte Medienvertreter, Händler und Hersteller empfangen. Zudem wurde ein ausgeklügeltes Hygienekonzept über die Veranstaltung gestülpt, maximal 750 Personen dürfen sich an den drei Messetagen gleichzeitig in jedem der drei Veranstaltungsbereiche aufhalten.
Rahmenbedingungen, die einige Konzernschwergewichte dazu animieren, neue Produkte nun abseits der deutschen Hauptstadt zu zeigen. Mit der Neuauflage des KlappSmartphones Galaxy Z Fold 5G preschte etwa Samsung bereits vor, zudem stellten die Südkoreaner im Rahmen eines parallel zur IFA laufenden OnlineEvents eine gänzlich neue Produktkategorie vor. Noch in diesem Jahr will der Konzern zwei Kurzdistanzprojektoren für Heimkinos auf den Markt bringen, die Bilder in 4K-Auflösung mit bis zu 330 Zentimeter Diagonale in die Wohnzimmer bringen sollen. Auf dem Messe
gelände selbst fehlt Samsung heuer aber ebenso wie Lenovo, Philips, Sennheiser oder Sony.
Mit dabei sind dafür USChipspezialist Qualcomm, LG oder Miele. Vor allem Letzterer will die Absenz vieler Spezialisten für das vernetzte Zuhause ausnutzen, um eigene Produkte und Technologien ins Rampenlicht des hart umkämpften Marktes zu stellen. Etwa das smarte Assistenzsystem „CookAssist“, das per Smartphoneoder Tablet-App Hobbyköche anleitet und selbst vor dem Anbrennen von Speisen schützen soll. Per Fotos wird Schritt für Schritt durch den Kochprozess geführt, die Temperaturkontrolle am Herd übernimmt ein im Kochfeld integrierter Sensor. Siemens wiederum zeigt in schwierigen Zeiten Geschirrspüler, deren Geschwindigkeit man per App-Steuerung rasch verdreifachen kann.
Bei aller Herausforderung für die Hersteller brachte die Coronakrise der Elektronikbranche übrigens auch überraschende Gewinne. Vor allem in einem Segment, dem man schon des Öfteren die Zukunftstauglichkeit absprach. Weil aber Laptops oder Monitore während des Lockdowns für die Verwendung im Homeoffice stark nachgefragt wurden, legten große PC-Hersteller wie Acer,
HP oder Lenovo im zweiten Quartal teils deutlich zu.
Jedenfalls hoch im Kurs, und das seit geraumer Zeit, steht Elektroautopionier Tesla. Dessen Chef Elon Musk sorgte nun ebenfalls in Berlin für ein Ausrufezeichen. Allerdings abseits der IFA. Im Rahmen des Deutschland-Besuchs des Tesla-Lenkers wurde spruchreif, dass der Autobauer an den Einstieg in ein neues Geschäftsfeld denkt. Und zwar als Stromlieferant, wie ein Schreiben nahelegt, aus dem Reuters zitiert. Dafür ausgewählt soll auch der neue deutsche Standort in Brandenburg sein, wo sich bereits zahlreiche Windräder drehen. Erst im Juni sicherte sich Tesla zudem eine Handelslizenz an der Pariser Energiebörse EPEX.