Entführt und ausgestellt
daniel.hadler@kleinezeitung.at
„Universum History“, heute, ORF 2, 22.35 Uhr
Es sind Akte der kruden Selbstvergewisserung. Damit ließe sich zusammenfassen, wovon die heutige „Universum History“-Episode über die Völkerschauen im 19. und 20. Jahrhundert handelt: Angesiedelt zwischen Ab- und Zuneigung, zwischen exotistischem Interesse und pseudowissenschaftlicher Praxis, wurde ein dunkles Kapitel europäischer Geschichte geschrieben, das in seinem komplexen Facettenreichtum bis heute viel zu erzählen hat. eu ist der Fokus auf die Nachkommen der einst Ausgestellten, die nicht nur Antworten auf ihre Fragen suchen, sondern auch nach Gerechtigkeit sinnen. So wie die Nachfahren von Moliko, einer jungen Frau, die 1882, von falschen Versprechen getäuscht, freiwillig von Französisch-Guayana nach Frankreich aufbrach. In Europa angekommen, landete sie wie 35.000 andere Exoten als Ausstellungsobjekt in einem Käfig, um für das zahlende Publikum die Wilde zu spielen. Die Schicksale ähneln einander: Instrumentalisiert von einer imperialistischen Politik, ausgenutzt von findigen Geschäftsleuten und als Unterhaltung für rund 1,5 Milliarden Besucher von Zoos und Jahrmärkten.
Wenige Generationen später haben wir diese Ereignisse verdrängt. Die Doku rückt sie wieder ins Licht – und das ist gut und sehenswert.
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