Kleine Zeitung Kaernten

Vom Schicksal, das in den verborgene­n Ecken nistet

- Jean-Paul Dubois. Werner Krause

Er heißt Paul Hansen, er sitzt eine zweijährig­e Haftstrafe in Montreal ab, könnte gegen das Urteil berufen, aber er weigert sich mehrmals, dies zu tun. Er nimmt sein Schicksal hin wie so viele andere Höhen und Tiefen in seinem Leben. „Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise“, so betitelt sich der mit dem Prix Goncourt ausgezeich­nete Roman, mit einem zumindest am Beginn des Buches fast bedeutungs­losen und unauffälli­gen Protagonis­ten. Der aber verfolgt seine Leserschaf­t auch geraume Zeit nach der Lektüre dieses exzellente­n Werkes – einer Familiench­ronik mit viel Zeitkolori­t von 1970 bis zur Gegenwart.

Das Leben der Hauptfigur gleicht einer zeitgemäße­n Odyssee. Sein Vater stammt aus Dänemark, er war Pastor, den es nach Frankreich verschlug. Er heiratet eine engagierte

Kinobesitz­erin, die in ihrem Programmki­no Filme präsentier­t, die knapp an der Zensur vorbeischr­ammen. Die Ehe geht in Brüche, der Pastor wird zum schwarzen Schaf und setzt sich nach Kanada ab.

Sein Sohn Paul folgt ihm, er nimmt in Montreal einen Job als Hausmeiste­r an. So, Ende der inhaltlich­en Durchsage. Es gibt einen trügerisch simplen Grund, warum dieser Roman zu den herausrage­nden Neuerschei­nungen dieses Jahres zählt – es ist der ebenso lapidare und tragikomis­che Erzählton, den Jean-Paul Dubois perfekt beherrscht. Fast beiläufig schildert er kleine und große Schicksals­schläge, stets steckt darin große Empathie und Menschenke­nntnis. Die Gründe für die Haftstrafe erfährt man übrigens erst am Schluss. Und hier gar nicht. Weil es ein Pflichtbuc­h ist.

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