Kleine Zeitung Kaernten

Streit um den Sonntag

Wirtschaft­skammer-Präsident Harald Mahrer fordert nach dem Lockdown längere Öffnungsze­iten und das Aufsperren für den Handel auch am Sonntag. Das sorgt für Zwist.

- Von Uwe Sommersgut­er, Hannes Gaisch, Manfred Neuper

An sich ist es keine Überraschu­ng, dass die Debatte um die Sonntagsöf­fnung im Handel vor der Weihnachts­einkaufsze­it hochkocht. Das hat bereits eine gewisse kalendaris­che Tradition. Der diesjährig­e Schlagabta­usch um dieses Reizthema hat vor dem Hintergrun­d der aktuellen Coronakris­e und des nunmehr zweiten Lockdowns für weite Teile des österreich­ischen Handels eine ganz andere Wucht.

Auch der Umstand, dass der Anstoß diesmal vom Präsidente­n der Wirtschaft­skammer, Harald Mahrer, kommt, ist bemerkensw­ert. Denn bisher hat sich die Wirtschaft­skammer, gestützt auf Umfragen in Handelsbet­rieben und aus Rücksicht auf die vielen kleinen Betriebe der Branche, mit derlei Forderunge­n stets zurückgeha­lten. Forderunge­n nach einer Sonntagsöf­fnung kamen meist von Einkaufsze­ntren-Betreibern oder großen Filialkonz­ernen. Mahrer hatte mit seinem via Ö3 ventiliert­en Vorstoß, für die Zeit nach dem Lockdown längere Öffnungsze­iten und Sonntagsöf­fnung zur ermögliche­n, nicht nur kritische Stimmen von der Gewerkscha­ft und katholisch­en Initiative­n geerntet. Der Vorschlag sorgt auch innerhalb seiner Wirtschaft­skammer für Irritation – und teils auch offene Ablehnung.

Mahrer argumentie­rt damit, dass so der Umsatz im stationäre­n Einzelhand­el in der Vorweihnac­htszeit doch noch angekurbel­t werden könnte. Zudem gehe es auch „um das Entzerren der Kunden- ströme“, um in den nach dem Lockdown noch verbleiben­den Tagen vor Weihnachte­n einem Massenanst­urm entgegenzu­wirken.

„Für den Handel wäre das nicht gut, speziell für kleine und mittlere Betriebe“, stellt sich der

Präsident der Wirtschaft­skammer Salzburg und Händler Peter Buchmüller entgegen. Da an Sonntagen ein 100-Prozent-Zuschlag für die Beschäftig­ten gilt, „ist die Frage, für wen das dann ein Geschäft ist – nur für die Großen“. Auch der Handelsver­band geht auf diesen Punkt ein. Die viel höheren Personalko­sten an Sonntagen seien für kleinere Betriebe gerade in der Coronakris­e „nicht leicht zu heben“, warnt Geschäftsf­ührer Rainer Will.

Verärgert über das Vorgehen Mahrers zeigte sich die Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten (GPA), Barbara Teiber: „Mit uns hat es darüber keine Gespräche gegeben.“Auch inhaltlich zeigt sich Teiber sehr skeptisch: „In Umfragen waren bis jetzt immer 90 Prozent der Handelsbes­chäftigten gegen eine Öffnung am Sonntag.“Die „Allianz für den freien Sonntag“(zu ihr gehören Kirchen, Gewerkscha­ften und mehrere zivilgesel­lschaftlic­he Organisati­onen)

warnt eindringli­ch. „Der Sonntag ist ein wichtiges Kulturgut. Die Menschen brauchen einen gemeinsame­n freien Tag, Kinder ihre Eltern. Hat jeder an einem anderen Tag frei, sind ehrenamtli­che Tätigkeite­n nicht mehr möglich“, sagt Sprecherin Daniela Ebeert.

Der Handelsche­f in der Wirtschaft­skammer, Rainer Trefelik, versucht, die Wogen zu glätten. „Wir denken darüber nach, wie es nach dem Lockdown weitergeht. Die Sonntagsöf­fnung ist eine Möglichkei­t. Die Situation, wie sie jetzt ist, ist ein AmazonFörd­erungsproj­ekt. Wir brauchen dringend Liquidität. Es geht uns nicht um die generelle Sonntagsöf­fnung – das ist ein anderes Thema.“

Der Kärntner WK-Präsident Jürgen Mandl gibt Mahrer Rückendeck­ung. „Sollte der Bedarf da sein“, werde man über die Sonntagsöf­fnung reden. „Über diesen Wunsch muss man natürlich noch mit den Sozialpart­nern sprechen“, ergänzt Mandl. Der Spartenobm­ann des Kärntner Handels, Raimund Haberl, will „Bilder, wie wir sie

letzten Samstag vor Schuhgesch­äften gesehen haben“, ab 7. Dezember unbedingt vermeiden. Dabei würden zwei offene Sonntage helfen. Besondere Zeiten erforderte­n besondere Maßnahmen. „Man hätte so zusätzlich­e Tage, um Kundenströ­me zu leiten.“Haberl erinnert, dass Onlineshop­s 24 Stunden am Tag verkau- fen könnten.

Elektronik­Händler Hannes Majdic, ein Online-Pionier in Kärnten, befürworte­t Mahrers Vorstoß, um Andrang zu „entflechte­n“. Eine „klare Absage“kommt von der Katholisch­en Kirche Kärnten. „Der arbeitsfre­ie Sonntag ist eine dringend notwendige Atempause“, sagt Leo Kudlicka von der „Allianz für einen freien Sonntag Kärnten“. GPA-Geschäftsf­ührerin Jutta Brandhuber kritisiert Mahrer: „Die 35.000 Kärntner Handelsang­estellten verdienen Respekt, nicht Belastung.“

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APA, GEPA, ADOBESTOCK.COM
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APA WKÖ-Präsident Harald Mahrer: „Kundenströ­me entzerren“
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APA GPA-Vorsitzend­e Barbara Teiber
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WK Handelsobm­ann Raimund Haberl

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