„Nebel ist indirekter Corona-Treiber“
Umweltmediziner glaubt: Bürger bleiben in Innenräumen und stecken sich dort an.
Ist es möglich, dass Kärnten seit Wochen so viele Corona-Neuinfektionen und -Todesfälle zu beklagen hat, weil große Teile des Landes unter einer dicken Nebeldecke stecken und diese die Ansteckungsgefahr erhöht? Das Land hat am Mittwoch dieses Argument ins Spiel gebracht und auf Studien verwiesen, wonach die italienische Stadt Bergamo im Frühjahr unter einer ähnlichen Wetterlage und hohen Infektionszahlen zu leiden gehabt hätte.
Detailfragen zu dieser These wollen Experten des Landes nicht beantworten. Umweltmediziner Hans-Peter Hutter (Med Uni Wien) spricht von einer „Schein-Korrelation“und erklärt: „Bei Nebel werden Aerosole beim Ausatmen rasch zu großen Tröpfchen, fallen schneller zu Boden als bei trockener Luft. Eine Infektionswahrscheinlichkeit ist dadurch geringer.“Allerdings könnte ein indirekter Zusammenhang zwischen Nebel und vielen Neuinfektionen bestehen. „Bei diesem Wetter geht niemand gerne raus, um sich die Beine zu vertreten. Bei trockener Luft in beheizten Innenräumen wiederum halten sich die Aerosole länger in der Luft, das fördert die Ansteckung“, erklärt Hutter.
Betrachtet man das Infektionsgeschehen in Teilen Kärntens, untermauert das die Nebelund Infektionsthese. „Vom Unteren Lavanttal bis zum Wörthersee, Villach, das Gailtal ist es seit 4. November eingetrübt“, sagt Gerhard Hohenwarter von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Im Klagenfurter Becken haben wir seit zwölf Tagen Hochnebel. Nur am Montag hat es ausnahmsweise geregnet“, sagt er.
Klagenfurt-Stadt hat mit 892,4 positiven Fällen pro 100.000 Einwohnern (Ages-Zahlen von 18. November) kärntenweit die zweitgrößte Ansteckungsrate (Völkermarkt liegt bei 984,2) in den letzten sieben Tagen, Klagenfurt Land (816,5) die drittgrößte. Betrachtet man allerdings Graz, das ebenfalls traditionell stark von Nebel betroffen ist und wo seit 9. November trübes Wetter mit wenigen sonnigen Ausnahmen herrscht, wird die Theorie wackelig: Mit einer Inzidenz von rund 380 liegen Stadt Graz und Graz-Umgebung bei der Ansteckungsrate im untersten steirischen Bereich. Da ist Voitsberg (703,3) Spitzenreiter.
In beheizten Innenräumen halten sich Aerosole länger in der Luft, das fördert
die Ansteckung.
Hans-Peter Hutter