Als nur Mexiko gegen den „Anschluss“protestierte
Historiker analysieren, wie Staaten auf den Einmarsch Nazi-Deutschlands reagierten.
Zum Abschluss des auslaufenden Gedenkjahres, in dem an das Ende des Weltkrieges, der NaziHerrschaft sowie die Wiedererrichtung der Republik Österreich vor 75 Jahren und den Abschluss des Staatsvertrages im Jahr 1955 erinnert wurde, sei noch ein kürzlich erschienenes Buch hervorgehoben: „1938 – Der ‚Anschluss‘ im internationalen Kontext“. In dem von Stefan Karner und Peter Ruggenthaler vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung herausgegebenen Sammelband analysieren 22 Historiker die damalige internationale politische Lage und das Versagen der Staaten beim „Anschluss“Österreichs an das nationalsozialistische deutsche HitlerReich. Man erfährt, warum Großbritannien und Frankreich, die noch nach dem Ersten Weltkrieg den Zusammenschluss des kleinen Österreich mit Deutschland verboten, im März 1938 nachgiebig agierten und den Einmarsch der Deutschen in Österreich und den „Anschluss“nun als nicht ihre Angelegenheit akzeptierten. Der Bündnispartner des vorangegangenen Weltkrieges, die Vereinigten Staaten von Amerika, wiederum erkannte den „Anschluss“zwar völkerrechtlich nicht an, aber nahm die geschaffenen Tatsachen trotzdem hin.
Nur ein Staat wurde tatsächlich aktiv: Mexiko, das an den Völkerbund eine Protestnote richtete. „Der politische Tod Österreichs ... stellt ein schweres Attentat gegen den Völkerbundpakt und gegen die übernommenen Grundsätze des Völkerrechts dar“, heißt es in diesem Protestdokument. Die durchaus vielfältigen Hintergründe, warum Mexiko in „Sachen Österreich“aktiv wurde, werden in diesem Buch aufgeschlüsselt, inklusive der Munitionsbestellungen, die Mexiko zuvor in Österreich für die republikanischen Kämpfer im Spanischen Bürgerkrieg getätigt hatte. Zwar verurteilte auch die Sowjetunion den „Anschluss“, die Einladung an die Briten, Franzosen, die USA wie auch die Tschechoslowakei zu einer gemeinsamen Konferenz scheiterte. Bei den Deutschen direkt protestierte die Sowjetunion jedoch nicht. Der empfehlenswerte Sammelband dokumentiert, wie 1938 verabsäumt wurde, Hitler noch zu stoppen.