Menschenwürde ohne Todescocktail
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030 werden circa 30 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Eine Tatsache, die mich als Ärztin und Autorin beschäftigt. Wir leben immer länger, oft als Pflegefall. Wer ist nicht selber Betreuender oder kennt einen pflegenden Angehörigen? Eine sehr belastende Situation! Was liegt also näher, als sich manchmal den Tod der Siechen zu wünschen und an Sterbehilfe zu denken?
Diese Marktlücke bedienen Sterbehilfeorganisationen. Sie bieten ein „menschenwürdiges“und „selbstbestimmtes“Sterben an. Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, dass dahinter auch finanzielle Interessen stecken. Die mediale und juridische Präsenz des Themas fällt nicht zufällig mit der Explosion der Kosten für die „Alten“zusammen. Wäre es für die Gesellschaft nicht viel
einfacher, jedem, der ihr
zur Last fällt, die „sanfte“Sterbehilfe anzubieten? Vielleicht gleich auf Krankenkassakosten?
Ich kann mir gut vorstellen, dass man bei gut
aufbereiteter Propaganda jedem hilfsbedürftigen Menschen vermitteln
kann, dass es seine redliche Pflicht sei, niemandem zur Last zu fallen.
Die meisten Patienten wollen sterben, weil sie vor allem depressiv sind. Als Arzt muss ich Schmerzen und diese Depression behandeln, aber keineswegs einen Todescocktail anbieten.
Der Umgang mit dem Tod ist eine gesellschaftliche Übereinkunft. Sterbehilfe ist unter fadenscheinigen Begründungen wie „Menschenwürde“und „Selbstbestimmungsrecht“ein Tabubruch. Besitzen Individuen, die nicht mehr unter die Kategorie „jung, fit, intelligent“fallen, weniger oder gar keine Menschenwürde mehr und haben sie deshalb ihr Recht auf Leben verwirkt?
Sterbehilfevereine werben mit einem menschenwürdigen Sterben. So, als ob der natürliche Tod im Kreis vertrauter Menschen oder auch von engagierten Pflegenden nicht ebenfalls menschenwürdig sein könnte?
„Bei kann gut Propaganda man aufbereiteter jedem
Hilfsbedürftigen
vermitteln, dass
es seine Pflicht
sei, niemandem
zur Last zu fallen.“
Wir haben in unserer Geschichte hinlänglich erlebt, wie einfach es ist, den Bürger zu indoktrinieren, und was passiert, wenn man das Tötungstabu aufweicht. Wehret den Anfängen! Palliative Care ja, Euthanasie nein!
Constanze Dennig ist Ärztin, Autorin und Theatermacherin und lebt und arbeitet in Graz und in Wien.