Kleine Zeitung Kaernten

Mehr Zeit für das, was wirklich zählt

Ein Vorsatz für 2021: So schafft man es, sich im neuen Jahr mehr Zeit für das Wesentlich­e zu nehmen.

- Von Claire Herrmann Als

Tempus fugit. Die Zeit flieht. Nur nicht im Lockdown: Da stellt sich bei vielen Menschen ein gänzlich neues Zeitempfin­den ein. Statt den ganzen Tag unterwegs zu sein, verbringt man plötzlich viel Zeit zu Hause und widmet sich längst vergessene­n Hobbys oder anderen Dingen, die einem Freude bereiten.

Aber was ist das Zeitgefühl eigentlich? Fragt man beispielsw­eise Kinder danach, wie sich eine Stunde für sie anfühlt, erhält man vermutlich eine ganz andere Antwort als von einem Erwachsene­n. „Das Zeitgefühl hat mit subjektive­r Wahrnehmun­g zu tun“, erklärt Zeitforsch­er Franz J. Schweifer. Jeder Mensch nimmt Zeit unterschie­dlich wahr. Gleichzeit­ig kann das individuel­le Zeitgefühl widersprüc­hlich sein: „Mal ist es ein sehr bedrückend­es, mal ein sehr beglückend­es, dann wieder ein göttlich ewiges oder ein teuflisch kurzes“, so der Experte.

Er geht davon aus, dass sich durch die Ausgangsbe­schränkung­en die subjektive Einstellun­g des Einzelnen zur Zeit verändere. Man würde leichlerne­n, was wesentlich für einen selbst sei.

Außerhalb des Lockdowns begleitet einen hingegen nicht selten das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben: „Die Zeit konfrontie­rt uns mit unserer Endlichkei­t“, so Schweifer. Sie sei aber nicht zu kurz, sondern die Bedürfnisl­iste des Menschen schlicht zu lang. „Wir leben in einer ,Zuvielisat­ion‘“, sagt Schweifer und lädt zu einem Gedankenex­periment ein: „Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem ,Running Sushi‘-Lokal. Wir sind zwar nicht dafür verantwort­lich, was in welcher Geschwindi­gkeit daherkommt, aber wir sind ein Stück weit dafür verantwort­lich, wann, wo und wie oft wir zugreifen.“In diesem Zusammenha­ng sollte man sich überlegen: Soll ich jetzt zugreifen? So oft zugreifen? Bin ich vielleicht schon satt?

Wer sich von diesem Mangeldenk­en verabschie­den möchte, dem empfiehlt der Zeitphilos­oph, sich darüber bewusst

werden, welche wesentlich­en Bedürfniss­e man hat. Hilfreich dazu sei auch das Einüben einer Reduktions­kompetenz, etwa mithilfe des genannten Gedankenex­perimentes. Sich bewusst zu machen, was ich schon alles habe und was alles nicht da ist. Um diese Denkweise auch in Zeiten ohne Lockdown beizubehal­ten, sollten bewusst Auszeiten im Alltag eingeplant werden. Damit daraus regelmäßig­e Rituale werden können, empfiehlt Schweifer, sie im Kalender zu notieren.

Er selbst hat beispielsw­eise täglich in der Früh eine „Spiegelfra­ge“im Kalender eingespeic­hert, mit deren Hilfe er sich selbst gegenüber Aufmerksam­keit schafft. Dafür kann man sich vor dem Spiegel die Frage stellen: „Was auch immer heute passiert, was kann ich mir selbst Gutes tun?“Denn: Je besser es einem selbst gehe, desto fürsorglic­her könne man auch mit seiner Umgebung umgehen. besonders empfehlens­wert für reter gelmäßige Rituale sieht der Zeitforsch­er manuelle oder taktile Tätigkeite­n an. Hat man beispielsw­eise etwas gemalt oder gebastelt, stelle sich eine unmittelba­re Rückkoppel­ung von Erfolg ein. Das wiederum sei wesentlich für ein gutes Zeitgefühl: „Etwas erfolgreic­h hergestell­t zu haben, selbst wirksam geworden zu sein, das macht unser Zeitgefühl greif- und spürbarer.“Insbesonde­re geistig arbeitende Menschen würden die investiert­e Zeit häufig nicht „spüren“.

Ein entspreche­ndes Hobby als

Ausgleich könne da sehr hilfreich sein.

Damit es nicht nur beim

Vorsatz bleibt, rät Schweifer, sich selbst einen Brief oder eine Nachricht mit den Dingen zu schreiben, für die man sich im neuen Jahr mehr Zeit nehmen möchte. „Schriftlic­hkeit schafft mehr Verzu

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