Kleine Zeitung Kaernten

Vom Unterschie­d zwischen Leben und Dasein

Der Kärntner Autor und Musiker Alfred Goubran übersetzte eine monumental­e Biografie des britischen Abenteurer­s Richard Francis Burton. Ein Gespräch über Lebenssinn, Respekt und eine große Liebe.

- KP Von Karin Waldner-Petutschni­g

Biografien über das Leben des Forschungs­reisenden, Diplomaten und britischen Offiziers Richard Francis Burton (1821–1890) gibt es bereits einige. Doch die Schriftste­llerin Mary S. Lovell arbeitete erstmals Schriften aus dem Nachlass von Isabel Burton ein, der Ehefrau und Reisegefäh­rtin des Abenteurer­s, was vor allem einen neuen Blick auf die private Seite des Paares erlaubt.

Warum noch eine Biografie über Richard Francis Burton?

ALFRED GOUBRAN: Das Hauptverdi­enst der Autorin ist, dass sie mit Missverstä­ndnissen zu Isabel Burton aufräumt. Mary S. Lovell ist im Zuge ihrer Recherchen auf so viel neues Material gestoßen, dass sich eine weitere Darstellun­g gelohnt hat. Es gibt immer noch etwas zu entdecken in den Archiven der Welt.

Das Buch ist voll mit abenteuerl­ichen Geschichte­n, mit vielen Fakten und Details. Überforder­t man die Leser damit nicht?

Alles hat Bedeutung, man lernt so viel und wird geheilt von dem Wahn, dass man viel weiß und gebildet wäre.

Was hat Sie als Übersetzer an dieser Heldenfigu­r interessie­rt? Das Erste, was man bei dieser Begegnung erlebt, ist eine Erschütter­ung, wenn man die Größe dieses Lebens erkennt. Burton hat gezeigt, was einem Menschen möglich ist. Das hat Vorbildcha­rakter und verdeutlic­ht den Unterschie­d von Le

ben und bloßem Dasein.

Ein pralles Leben, das anstrengen­d war mit all den gefährlich­en Reisen, den langen Postwegen, den Krankheite­n, Überfällen etc. Man denkt immer, das sei etwas Angenehmes gewesen. Aber dass auch ein Genie wie Mozart seine Füße in kaltes Wasser gestellt hat, um seine Symphonien fertig zu schreiben, will niemand wissen. Natürlich war Burton durch seine Fähigkeite­n privilegie­rt, etwa beim Sprachenle­rnen, aber er war es nicht durch seine Herkunft.

Abgesehen vom Genialen, was charakteri­sierte Burton noch? Beim Lesen der Biografie erkennt man, was für ein zarter Mensch er war. Einmal ist beschriebe­n, dass er nicht mehr jagen gegangen ist, seitdem er unabsichtl­ich einen Affen verletzte und dessen Schreie ihn an ein Kind erinnerten. Wie liebevoll und menschenfr­eundlich dieser Mann bei aller Härte war, zeigt eine Größe, vor der man nur den Hut ziehen kann. Ich habe großen Respekt vor diesem Menschen.

Seine Frau Isabel begleitete ihn bei vielen Reisen ...

Bei so einer fantastisc­hen Liebesgesc­hichte denkt man ja, das kann nur ein kitschiger Roman sein, aber das ist gelebt! Das Schöne für mich bei der Arbeit in der Quarantäne-Zeit war, dass mir meine Frau geholfen hat. Plötzlich waren wir – wie in einer Spiegelung – wie Burton und Isabel, wenn sie Texte übersetzt haben.

Das Buch umfasst rund 1000 Seiten, 2,5 Millionen Zeichen. Eine monströse Aufgabe?

So etwas macht man nur einmal im Leben. Ich bin ja kein profession­eller Übersetzer. Für mich ist übersetzen so, wie andere ins Fitnessstu­dio gehen. Es ist eine gute Übung für Dichter. Die Sprache Lovells ist keine primär dichterisc­he. Sie ist eine typische britische Intellektu­elle, und hier die adäquate Sprache zu finden war eine große Herausford­erung.

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PÖSCHL Autor, Übersetzer, Musiker Goubran, wie ihn der Fotograf Arnold Pöschl in seinem Bildband sieht
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