Über das Wissen und den Glauben
Vorneweg der Sternträger, hinter ihm die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar, die wacker durch den Schnee stapfen. Eine tief verschneite Landschaft wie aus der Romantikfibel, Natur-Biedermeier gleichsam, die flockigen Gesichter der Kinder zwischen lächelnd und leicht skeptisch. Obwohl das Foto nur ein Jahr alt ist – die Sternsinger anno 2021 müssen natürlich Masken tragen –, strahlt es eine heimelige Rückwärtsgewandtheit aus, für die wir in hermetischen Zeiten wie diesen sehr zugänglich sind. Wenn im Heute vieles im Argen liegt und das Morgen im Dunklen, wird im Gestern gerne „die bessere Zeit“gewähnt.
Apropos Skepsis: Sie waren weder Heilige noch Könige, und ob sie zu dritt waren, ist auch ungewiss. Die Geschichte der Heiligen Drei Könige hat ihren Ursprung im Matthäus-Evangelium, in dem von „Magiern aus dem Osten“die Rede ist, die gekommen sind, um dem „neugeborenen König der Juden“zu huldigen. Als Könige wurden diese Männer – später wahlweise Wissenschaftler, Weise oder Sterndeuter genannt – erst um das Jahr 200 n. Chr. bezeichnet, und erst im 5. Jahrhundert setzte sich aufgrund der Gaben (Gold, Weihrauch und Myrrhe) die Zahl Drei durch. Eine andere Interpretation ist, dass dadurch die christliche Trinität symbolisiert werden sollte. Einer Legende zufolge wurden die Heiligen Drei Könige in einem gemeinsamen Grab beigesetzt, seit 1164 liegen die Gebeine im Kölner Dom, wo sie als Reliquien verehrt werden. Der 6. Jänner ist der Tag der offenbar gewordenen Göttlichkeit von Jesus, der „Erscheinung des Herrn“; ein religiöses Hochfest, das als „Epiphanias“sowohl in der katholischen als auch evangelischen, anglikanischen und orthodoxen Kirche gefeiert wird.
Was wir von diesem Tag jenseits religiöser Mythenbildung heute noch mitnehmen könnten? Vielleicht die Erwägung, dass Wissenschaft und Glaube einander nicht ausschließen müssen. Die Heiligen Drei Könige – wer auch immer sie gewesen sein mögen – waren offenbar weise genug, das zu wissen.