Kleine Zeitung Kaernten

Die Coronapoli­tik versinkt im Chaos

- Erwin Zankel war Chefredakt­eur der Kleinen Zeitung.

Gut gemeint ist mitunter das Gegenteil von gut gemacht: Die Regierung hat das „Freitesten“aus den Fesseln des dritten Lockdowns abgeblasen. Die im Eilverfahr­en nachgereic­hte gesetzlich­e Grundlage drohte im Bundesrat an der Opposition zu scheitern. Bedauern muss man das Scheitern der Husch-Pfusch-Aktion nicht.

Seit Österreich im Herbst völlig unvorberei­tet von der zweiten Welle der Pandemie überrollt wurde, ist es mit dem im Frühjahr vollzogene­n Schultersc­hluss der Parteien vorbei. Fast jede Maßnahme der Regierung wird kritisiert, zerredet, bekämpft. Nicht nur von der Opposition, die zwischen aggressive­r Ablehnung und sachlichen Bedenken schwankt. Auch die Bevölkerun­g ist verunsiche­rt und gespalten. Viele Jüngere sind der Gebote und Verbote überdrüssi­g, weil sie vom Virus verschont geblieben sind. Jetzt also herrscht weiterhin Stillstand mit allen

Vorschrift­en und Beschränku­ngen, deren Sinn sich nicht jedem erschließt und die nur widerwilli­g befolgt werden – wenn überhaupt. Was aber passiert, wenn bis 24. Jänner die Zahl der Neuinfekti­onen nicht und nicht unter die 1000er-Marke sinken will? Wird verlängert? Oder gelockert, um dann in den vierten Lockdown zu stolpern?

Zu beneiden ist die Politik nicht, die zwischen den fundamenta­len Grundrecht­en Freiheit und Gesundheit abwägen muss. Wenig hilfreich ist dabei die von juristisch­en Beckmesser­n befeuerte Diskussion über die Angemessen­heit der Maßnahmen. So einfach sind die Streitfrag­en nicht zu entscheide­n wie nach der Faustregel, wonach drei Haare am Kopf verhältnis­mäßig wenig, aber drei Haare in der Suppe verhältnis­mäßig viel sind.

„Zu beneiden ist die Politik nicht, die zwischen den fundamenta­len Grundrecht­en Freiheit und Gesundheit abwägen muss.“

Gehen wir noch einen Schritt weiter: Viele warten ungeduldig auf einen Impf-Termin. Der Nadelstich verspricht Sicherheit. Aber dürfen die Geimpften zurück in die Normalität? Oder müssen sie, weil es in Coronazeit­en keine Privilegie­n geben darf, trotzdem wie alle Ungeimpfte­n bis ins Frühjahr Masken tragen und Abstand halten?

Für Ärger ist vorgesorgt.

 ?? Erwin Zankel meint, mit Fortschrei­ten der Pandemie werde deren Bekämpfung immer schwierige­r. ??
Erwin Zankel meint, mit Fortschrei­ten der Pandemie werde deren Bekämpfung immer schwierige­r.

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