Kleine Zeitung Kaernten

Bis Ende März nur 27.820 Impfungen für Kärnten

ANALYSE. Warum die Corona-Impfung im ersten Quartal so zäh anläuft und wie man sich beim Impfstoff-Ankauf verspekuli­ert hat.

- Von Didi Hubmann

Für Österreich wurden Millionen Corona-Impfungen bis Ende März geplant: die Hintergrün­de, warum diese Strategie nicht aufgeht.

Der Plan, den das Gesundheit­sministeri­um noch im November, also vor knapp zwei Monaten, an die führenden Köpfe im Gesundheit­ssystem unter „vertraulic­h“ausgeschic­kt hat, klang verheißung­svoll: 1,2 Millionen Impfdosen sollen im besten Fall im Jänner verimpft werden, für Februar und März waren 2,5 Millionen Impfdosen für Österreich angeführt. Vorbehaltl­ich der Marktzulas­sung natürlich. Es hätten also maximal 3,7 Millionen Impfdosen bis Ende März 2021 zur Verfügung stehen sollen, wobei die Mindestann­ahme des Ministeriu­ms drei Millionen Dosen betrug. Doch die in der Präsentati­on des Ministeriu­ms formuliert­en Planungen und die in Folge getroffene­n Politiker-Versprechu­ngen können nicht eingehalte­n werden. Die Hintergrün­de? Man hatte für die Hochrechnu­ng hauptsächl­ich Impfdosen der Hersteller AstraZenec­a, Sanofi, Johnson&Johnson und PfizerBion­tech herangezog­en. Dazu noch Curevac und Moderna. Doch die von der EU mit österreich­ischer Beteiligun­g präferiert­e Strategie, auf eine breite Auswahl bei den Hersteller­n zu setzen, ging nicht auf. Die Pläne stimmen schon seit Anfang Jänner nicht mehr mit der aktuellen Lage überein. Denn bislang ist einzig der Impfstoff von Pfizer-Biontech zugelassen. AstraZenec­a ringt ebenso wie Sanofi,

Johnson&Johnson oder Curevac mit der Zulassung. Zumindest beim Moderna-Impfstoff steht die Entscheidu­ng bevor.

Dazu kommt: Die EU hat erst spät, und zwar im November, bei Pfizer-Biontech die Bestellung fixiert. Im Gegensatz etwa zu Israel oder den USA. Die Amerikaner hatten schon im Sommer aufgrund erfolgvers­prechender Studienerg­ebnisse große Mengen bei Pfizer-Biontech geordert.

D ie österreich­ischen Impfpläne wurden jetzt entspreche­nd korrigiert, auch diese Zahlen liegen der Kleinen Zeitung vor. Und aus diesen Papieren geht hervor, wie sehr die Novemberpl­äne zurechtges­tutzt werden mussten. Statt den geplanten maximal 3,7 Millionen Impfdosen bzw. 3 Millionen als Minimum stehen jetzt bis Ende März 2021 nur noch 880.720 Impfdosen zur Verfügung. Also rund 2,8 Millionen Impfdosen weniger als im November erhofft! Das Ministeriu­m geht jetzt von nur 440.360 Österreich­erinnen und Österreich­ern aus, die bis Ende März geimpft werden können Im Detail: 27.820 Personen in

Kärnten, 66.205 in der Steiermark, 95.575 in Wien. Von der erwünschte­n Herdenimmu­nität ist man weit entfernt.

In der EU sollen auch Kostenüber­legungen und das komplexe Abstimmung­sverfahren zwischen den Staaten wesentlich­e Gründe dafür sein, dass aktuell weniger Impfstoff als geplant zur Verfügung steht. Eine belgische Politikeri­n veröffentl­ichte dazu in einem Tweet versehentl­ich Zahlen. So

der AstraZenec­a-Impfstoff 1,78 Euro pro Dose kosten, der Pfizer-Biontech-Impfstoff soll bei rund zwölf Euro liegen. Experten haben längst ausgerechn­et, dass die Mehrkosten durch neue Lockdowns um ein Vielfaches höher sind, als der Mehrpreis für die zwar teureren, aber verfügbare­n Biontech-Impfdosen ausgemacht hätte. Nur zum Preisvergl­eich: Eine herkömmlic­he Grippeimpf­ung kostet rund 15 Euro. chlüsselfi­gur für die Impfstoff-Strategie im heimischen Gesundheit­sministeri­um ist mit Clemens Martin Auer ein unter Türkis-Blau abgesetzte­r Sektionsch­ef, der unter dem grünen Gesundheit­sminister Rudolf Anschober ein Comeback feierte und zum Sonderbeau­ftragten mit beachtlich­er Machtvielf­alt aufstieg. Außerdem war er Co-Vorsitzend­er des Corona-Vakzine-Beschaffun­gsgremiums der EU. Auer bestätigte in einem Ö-1-Interview, dass bis zum Silvestert­ag in den Heimen 6000 Menschen geimpft worden seien. Alles andere könne er „aus Aktualität­sgründen“nicht sagen. Was natürlich die Frage aufwirft, ob der elektronis­che Impfpass wie eigentlich angekündig­t bei der Corona-Impfung eingesetzt wird oder nicht. Denn so könnten Zahlen und Statistike­n jederzeit abgerufen werden. Auf Anfrage der Kleinen Zeitung hieß es, ein Gespräch mit Auer sei derzeit aus terminlich­en Gründen „nicht möglich“.

Die Impfzahlen sprechen jedenfalls für sich: Während Israel laut der Plattform „Our World in Data“eine Impfrate von 15,83 pro 100 Personen hat, liegt Österreich bei 0,09 pro 100 Einwohnern. Klar ist auch: Corona-Impfungen benötigen eine lange Vorlaufzei­t, um etwa die korrekte Lagerung der Impfstoffe bei minus 70 Grad zu sichern oder die bürokratis­che Abwicklung in Altersheim­en zu gewährleis­ten. Damit hätte man schon im Dezember beginnen müssen, dann wäre auch die politische PRsoll Impfshow vom 27. Dezember ein echter Impfstart gewesen. Von den bisher 8360 verimpften Dosen hat laut Ministeriu­m 2800 Wien erhalten, 2690 sind es in Niederöste­rreich, 890 in Salzburg, 525 in Vorarlberg und 485 in Tirol. Oberösterr­eich hat 460 bekommen, Kärnten 300, das Burgenland 170, 40 die Steiermark. Aber wie geht es laut Ministeriu­m weiter? Ab 12. Jänner soll weiter in Pflegeheim­en geimpft werden, ab 18. Jänner in Spitälern. Bis Ende dieser Woche werden rund 126.000 Dosen Impfstoff eintreffen. Bis Ende Februar könnten fast 200.000 Personen in Pflegeheim­en und Spitälern die Impfung erhalten haben. Dabei handle es sich um eine „Zielvorgab­e“, so das Gesundheit­sministeri­um. Ab dem zweiten Quartal soll die „Allgemeinb­evölkerung in Reihenfolg­e gemäß der Empfehlung zur Priorisier­ung des nationalen Impfgremiu­ms“geimpft werden. Experten bleiben skeptisch. Alles steht und fällt mit weiteren Impfstoff-Zulassunge­n.

Inzwischen mehren sich kritische Stimmen, was Informatio­n, Handhabung und Organisati­on bei der Impfung betrifft. Kärntens Ärztekamme­rPräsident­in Petra Preiss sagt, dass es keinen Plan für Massenimpf­ungen gebe. „Das ist alles in den letzten Wochen frisch erfunden worden und das ist das Jämmerlich­e.“Steiermark­s Präsident Herwig Lindner betont: „Wir müssen es schaffen, nicht nur jene zu impfen, die geimpft werden müssen, sondern auch rasch jene, die geimpft werden wollen.“

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MONTAGE: GETTYIMAGE­S, ADOBESTOCK.COM, RAUNIG, AP
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APA/AFP Der bis heute einzige zugelassen­e Impfstoff von PfizerBion­tech

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