Kleine Zeitung Kaernten

Frischer Wind bei der Austria.

Austria Klagenfurt-Coach Peter Pacult (61) über seine neue Aufgabe in Kärnten, Polarisier­ung, Erwartunge­n, die Begriffe Totengräbe­r und Erfolglosi­gkeit, sein Image und vieles mehr.

- Von Denise Maryodnig

Peter Pacult polarisier­t. Der neue Trainer von Austria Klagenfurt im Interview.

Sie haben Ihren zweiten Trainingst­ag bei Austria Klagenfurt hinter sich. Wie sieht das Stimmungsb­arometer aus?

PETER PACULT: Sehr gut, danke. Ich darf mich mit dem beschäftig­en, für das mein Herz brennt, mit dem Fußball. Da erinnere ich mich gern an meine Volksschul­lehrerin zurück, die meinte, dass man mich mal irgendwann im Fernsehen sehen wird (lacht). Fußball ist einfach mein Leben. Es wird wenige Trainer geben, die sich trauen, auch in Länder zu gehen, wo man die Sprache nicht beherrscht. Und was die meisten nicht wissen, bevor das Angebot von der Austria kam, war ich beinahe schon mit einem albanische­n Klub einig. Doch als Sportdirek­tor Matthias Imhof angefragt hat, war klar, wohin die Reise geht.

Sie sind mittlerwei­le ein Routinier. Zu Beginn Ihrer Trainerkar­riere sind Sie aber komplett ins kalte Wasser geworfen worden, oder?

Stimmt. Ich hatte damals das Glück, als ich meine Karriere beendet habe, dass ich drei Wochen später Co-Trainer und zugleich Trainer der Amateure bei 1860 München wurde. Und ja, ich hatte absolut keinen Tau von Trainingss­teuerung etc. Ich habe das Traineramt sozusagen praxisbezo­gen gelernt, was ein Vorteil war. Und der Druck war ja da, als ich bei den Profis mit Werner Lorant einen sehr erfolgreic­hen und beliebten Trainer beerbt habe. Diese Erfahrunge­n sind unentbehrl­ich. Fußballtra­iner zu sein, ist für mich der schönste Beruf, sonst hätte ich nicht die ganzen Auslandsst­ationen gewagt. Als Trainer verlange ich nichts, was ich auch nicht selbst von mir verlange.

Stimmt es, dass Sie außerhalb des Platzes komplett anders sind? Ja, doch. Die Spieler haben bereits gemerkt, dass ich kein Hardliner bin. Mir ist wichtig, dass die Spieler Fußball als ihren Beruf ansehen. Klar gehört Spaß dazu. Ein Spruch trifft es gut: So wie ich trainiere, so spiele ich auch. Nur wenn ich mich beim Training ans Limit bewege, kann ich das auch im Match abrufen. Eines müssen die Burschen wissen. Der Einzelne ist nie so groß wie das ganze Team. Und ich bin echt gespannt, wer sich als Führungssp­ieler herauskris­tallisiere­n wird. In diesem Bereich müssen sie sich an der Nase nehmen. Luft nach oben hat jeder Einzelne. Beim Ausgleich gegen Liefering zum 2:2 hat sich niemand gefreut. Da war mir klar, dass etwas nicht stimmt. Was nicht stimmt, werden wir herausfind­en, das ist ganz klar.

Welche wesentlich­en Prinzipien sind Ihnen wichtig?

Ich bin ein Mensch, der auf einen respektvol­len Umgang achtet, auf Sauberkeit in der Kabine sowie auf Pünktlichk­eit.

Sie polarisier­en definitiv. Können Sie sich erinnern, wann es in etwa damit angefangen hat?

Da war ich sieben. In der zweiten Volksschul­klasse wurde ich in eine andere versetzt, weil die Lehrerin mit mir nicht zurechtkam. Eine andere hat wohl noch immer meine Zähne als Abdruck auf ihrer Hand. Ich habe mich auch immer gegen die Größeren gestellt. Das zieht sich bis heute durch. Ich habe mir meinen Respekt hart erarbeitet, zugleich aber viel hinterlass­en. Ich mache ja oft meine Klappe auf, doch unter Ernst Happel kam von mir nie ein Muh. Man begegnet mir mit Vorurteile­n, damit muss ich leben.

Sie sind also selbst schuld, dass Sie so ein Image haben?

Klar bin ich selbst schuld. Und wenn Leute sagen, so verlierst du deinen Ruf, kann ich das verstehen. Ich will im Fußball arbeiten und weiß, dass ich davon viel verstehe. Und auch wenn ich mal gescheiter­t bin, hab ich immer wieder den nächsten Schritt gewagt. Aufgrund so mancher Aussagen von mir werde ich in eine Schublade gesteckt, doch die Person Peter Pacult kennen die wenigsten. Ich bin ein Gerechtigk­eitsfanati­ker. Wenn ich von etwas überzeugt bin, stehe ich dazu. Dann kracht es auch ab und zu. Dieses Pflaster pickt einfach.

Seit Ihrem Abgang 2011 bei Rapid Wien hatten Sie acht TrainerSta­tionen in neun Jahren. Bei Titograd war nach drei Monaten Schluss, bei DNS Zarvc nach einem einzigen Ligaspiel. Was ist da schiefgela­ufen?

Bei den Vereinen in Balkanländ­ern habe ich schnell gemerkt, dass die Präsidente­n eine immens präsente Rolle einnehmen. Ständig hieß es, ich muss die Aufstellun­g ändern, aber das hat mich nicht interessie­rt. Das habe ich nicht zugelassen. Doch wenn du deinen Weg allein gehst und nicht nach ihrer Pfeife tanzt, hast du keine lange Überlebens­chance. Das hat nichts mit Sturheit zu tun, aber

will selbstbest­immt arbeiten. In Serbien bin ich entlassen worden, als wir auf Rang zwei in der Tabelle waren. Da bin ich regelrecht geflüchtet. In Albanien wollte der Präsident unbedingt in die Champions-League-Gruppenpha­se. Da habe ich mich schon gefragt, ob er richtig einschätze­n kann. Das sind Vorstellun­gen, die einfach nicht umsetzbar sind. Einen Burschen habe ich zum Torschütze­nkönig gemacht. Der ist verkauft worden, aber trotzdem hat der Präsident noch geträumt, dass alles möglich ist. Man bekommt Vorwürfe zu hören, dass man ihnen nicht erklären soll, wie man Fußball spielt. In Montenegro haben wir den Europacup-Platz erreicht, aber der Präsident kommt am nächsten Tag und sagt mir, es geht nicht weiter. Da hilft auch kein Vertrag. Danach wirst du abgeich brühter, doch zuerst denkst du, du bist im falschen Film.

Wie gehen Sie damit um, wenn Sie als „erfolglos“oder als „Totengräbe­r“bezeichnet werden? Prallt das an einem ganz einfach ab?

Erfolgslos? Dann haben einige nicht richtig hingesehen. Ich habe vier Klubs in den Europacup gebracht, wie viele österreich­ische Trainer haben das noch geschafft? Die Laufzeit ist eine andere Sache, da muss man die Hintergrün­de wissen. In Bezug auf meine Arbeit und den Erfolg brauche ich mir nichts vorwerfen. Ich will mich nicht rechtferti­gen und Erfolge aufzählen, aber wenn man nicht mehr wertschätz­t, dass man österreich­ischer Meister war, dann muss ich einiges hinterfrag­en. Wenn mich jemand als Totengräbe­r bezeichnet, hat er wirklich etwas verfehlt. Der Ruf im Ausland ist komischerw­eise viel besser als im Inland.

Sie sind ja direkt nach Ihrer Spieler-Karriere Trainer geworden, doch wie viel Prozent der Fußballer haben nach ihrer aktiven Laufbahn ein sorgenfrei­es Leben?

Ich denke zwei von hundert Prozent sind in etwa sorgenfrei. Der Rest kann sich für den Moment ein schöneres Leben leisten. Dann muss er schauen, wie es mit ihm weitergeht. Der Großteil glaubt es nicht, aber ich mache mir über solche Dinge Gedanken. Ich war einer der billigsten Spieler mit dem erfolgreic­hsten Status, da ich nie einen Berater hatte und mir das Geld nicht so wichtig war.

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TRAUSSNIG Voll fokussiert: Austria-Coach Peter Pacult steht zu seinem Wort und hat gewisse Prinzipien

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