Regierung stoppt Trödelkurs bei der Impfstrategie: auch Menschen über 85, die nicht im Heim sind, werden geimpft
Strategiewechsel der Regierung: Impfungen werden vorgezogen, auch über 85-Jährige außerhalb der Altersheime werden geimpft.
Die politische Schubumkehr wurde um 1 Uhr früh fixiert. Während Mittwochnacht in der ZiB II die neue Gesundheitsdirektorin das Unerklärliche zu erklären versuchte und mit freundlicher Verzweiflung um Verständnis für die „hochkomplexe Herausforderung“der Impfung in den Pflegeheimen sprach, alles, nur um den 12. Jänner und das skandalös lange Zuwarten irgendwie zu rechtfertigten, da brannte im Bundeskanzleramt noch Licht: Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober saßen beieinander und versuchten fieberhaft, im Beisein von Experten den Impfplan neu aufzusetzen, um die Woge der Kritik abzufangen und den fatalen Ein- druck Zehntausender gebunkerter Impfdosen durch eine Brachial-Intervention zu beseitigen. Die dann so aussah: „Wir ziehen die Impfungen vor und warten nicht auf den 12. Jänner“, sprach Kurz ein Machtwort, die Entscheidung war gefallen. Sofortiges Verimpfen der zurückbehaltenen Bestände. 25.000 Impfungen bis Sonntag dieser Woche, 50.000 nächste Woche. Gegen Mitte der Woche soll die zweite Großlieferung von Biontech in Wien eintreffen, die noch im Jänner abgearbeitet werden soll. Dazu kommt die Zulassung des Impfstoffs von Moderna, der es erlauben wird, bis Ende März über 500.000 Menschen zu impfen. Der Strategiewechsel der Regierung wird zur verbindlichen Maxime. Keine Bestände, auch die, die nicht zur Verwendung kommen, bleiben in den Einrichtungen zurück, sondern werden unverzüglich auf die anderen Bundesländer verteilt. „Beim Impfen geht es um Schnelligkeit und um Menschenleben. Daher gibt es keinen Grund, dass Impfdosen über Wochen zwischengelagert werden“, so Kurz.
Die Verwerfungen rund um den verkorksten Impfstart haben offenbar ein erstes personelles Opfer gefordert. Clemens Martin Auer, Sonderbeauftragter unter Rudolf Anschober, soll aufgrund der Kalamitäten auf
Drängen der Regierungsspitze abgezogen worden sein.
Um auch über die Heime hinaus Dynamik und Tatkraft zu signalisieren, werden parallel zu den Hochrisikogruppen in den Spitälern und Pflegeheimen auch alle über 85-Jährigen außerhalb der Altersheime in die erste Impfphase miteinbezogen. Das gab Kurz in einem Gespräch mit der Kleinen Zeitung bekannt. Noch im Jänner soll diese gefährdete Altersgruppe die Möglichkeit haben, sich in Impfzentren zu immunisieren. Die Initiative soll über die Hausärzte und Bürgermeister in den Regionen organisiert werden. Diese sollen sich zusammenschließen, um rasch eine lokale Infrastruktur aufzubauen, vermutlich in den Bezirksstädten. Betroffen sind an die 300.000 Personen. Tirol hat sich entschlossen, dieses Angebot auf Wochenenden zu verlegen. Dadurch soll es berufstätigen Angehörigen ermöglicht werden, Eltern/Großeltern zu den Impfzentren zu bringen. Nach der
Gruppe 85 plus wolle man sich in der Alterspyramide laufend nach unten arbeiten (Kurz).
In Kärnten erfolgte am vergangenen Dienstag der Start der Corona-Impfungen in vier Altenwohnund Pflegeheimen. Alle, die geimpft werden wollten, haben eine der teils begehrten Injektionen erhalten. Zwischenfälle seien bislang nicht aufgetreten.
Doch wie geht es nun weiter? Mit Stand heute früh verfügt Kärnten über 6640 Impfdosen,
die im Laufe des Jänners auch dem Impfplan folgend verabreicht werden. Morgen, Freitag, werden in zehn weiteren Altenwohnund Pflegeheimen Impfungen von insgesamt acht Teams aus je zwei niedergelassenen Ärzten sowie einem Sanitäter des Roten Kreuzes vorgenommen. Angemeldet sind bislang 1188 Bewohner sowie Mitarbeiter dieser Heime. Bis Mitte Jänner sollen laut einer Aussendung des Landes alle „impfwilligen“Bewohner und Mitarbeiter in Kärnten geimpft werden.
Laut Impfkoordinatorin Veronika Burger sollen nun in fast wöchentlichen Lieferungen weitere Dosen hinzukommen. So kann man ab 12. Jänner damit beginnen, in Krankenhäusern zu impfen, im Speziellen Mitarbeiter von Covid-Stationen. Als Erstes sind hierbei Personen der Kategorie 1 (mit besonders hohem Expositionsrisiko) an der Reihe.