In der Schule geht es jetzt nicht um Beurteilungen
E„Es geht nicht darum, dass alle Kompetenzbereiche in allen Fächern erfüllt werden. Es geht darum, Lernen zu ermöglichen.“
in weiteres schwieriges Semester liegt fast hinter uns: Homeschooling nur für die Oberstufe, dann wieder für fast alle Schulstufen, Präsenzunterricht für jene, die es wollen oder brauchen .... Es ist schwer, den Überblick zu bewahren. Eine enorme Herausforderung für Lehrer und Eltern, aber ganz besonders für alle Schüler. Lernen ist ein kontinuierlicher Prozess, der in hohem Maße auf soziale Kontakte angewiesen ist.
Wesentliche Prämissen des schulischen Jahreskalenders sind infrage gestellt. Prüfungen, Schularbeiten, Matura und Abschlüsse können nicht in gewohnter Weise garantiert werden, die Unterbrechungen sind zu groß. Fraglich ist auch, wie weit die Lernziele in den vielen Fächern überhaupt erfüllt werden können. Druckpunkte im
österreichischen Schulwesen werden deutlicher sichtbar: die frühe Teilung der Schüler mit 10, die Vormittagsschule, die
Bildungsentscheidung
mit 14. Nach wie vor haben wir zu viele Grundbildungsdefizite und zu wenige Spitzenleistungen. Die Lernergebnisverantwortung liegt immer noch vor allem bei den Eltern. Unerwünschte Tendenzen werden durch das Distance Learning verschärft, die erschwerte Kommunikation vergrößert die Leistungsschere und blockiert wirksame Orientierung hinsichtlich weiterer Bildungswege.
In dieser Phase geht es nicht um Prüfungen oder Beurteilungen! Es geht in erster Linie darum, die Lernbereitschaft und -fähigkeit aller Schüler zu erhalten! Es geht nicht darum, dass alle Kompetenzbereiche in allen Fächern erfüllt werden, sondern darum, das Lernen an sich zu ermöglichen. Dazu gehört die bestmögliche Fähigkeit, mit Endgeräten, Online-Tools sowie der Selbstorganisation von Zeit und Tagesstruktur umzugehen. Es geht um Motivation und Unterstützung in der Isolation. Der tatsächliche Lernstand eines Schülers ist viel wichtiger als die Beurteilung der erbrachten Leistung. Deshalb könnte auf ein Semesterzeugnis ohne Weiteres verzichtet werden.
Die Krise ist ein Brennglas und weist uns auf notwendige strukturelle Reformen hin. Insofern hat sie auch etwas Positives.
ist Schulpsychologe und Professor an der Pädagogischen Hochschule Steiermark