Trump-Anhänger stürmen Kapitol
Während sich in Georgia ein Triumph der Demokraten abzeichnete, besetzten bewaffnete Trump-Anhänger das Kapitol.
Dramatische Szenen in der US-Hauptstadt: Bewaffnete Sympathisanten von Donald Trump lieferten sich Gefechte mit der Polizei und drangen in den US-Kongress ein. Ihr Protest richtete sich gegen die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden als neuer US-Präsident.
Die USA erleben schwere Stunden: Während die Pandemie wütet, spitzt sich die politische Lage dramatisch zu: Als der US-Kongress gestern zusammenkam, um den Wahlsieg Joe Bidens amtlich zu machen, marschierten bewaffnete Trump-Anhänger in Washington auf und durchbrachen die Polizeisperren. Die Polizei setzte Tränengas ein, dennoch drangen die Protestierer ins Gebäude des Kapitols ein, des Sitzes des Kongresses. Vor dem Sitzungssaal des Repräsentantenhauses kam es laut CNN zu einer bewaffneten Konfrontation; die Abgeordneten wurden evakuiert. Eine Frau wurde durch Schüsse verletzt, sie schwebt in Lebensgefahr. Auch Sicherheitskräfte wurden verletzt. Die Bewaffneten, die mit sich trugen, drangen auch in das Senatsgebäude ein. Die Bürgermeisterin von Washington verhängte eine Ausgangssperre über die Stadt.
Donald Trump, der noch zwei Wochen amtierender Präsident ist, sah den Ereignissen lange Zeit zu, ohne sich zu Wort zu melden. Erst Stunden nach der Besetzung des Parlaments forderte er die Besetzer schließlich auf, friedlich nach Hause zu gehen – goss gleichzeitig aber neuerlich Öl ins Feuer: „Diese Wahl wurde mir, wurde uns gestohlen!“, so Trump.
Zuvor hatte der designierte Präsident Joe Biden Trump aufgefordert, konkret gegen die Belagerung einzuschreiten. „So einen Angriff auf unsere Demokratie hat unser Land noch nie gesehen“, sagte ein sichtlich betroffener Biden. Trump solle die Leute zurückrufen und die deTrump-Fahnen
mokratische Verfassung verteidigen. Trump entsandte die Nationalgarde. Auch die Bundesstaaten Virginia und Maryland schickten Einsatzkräfte der Landespolizei nach Washington. Vize-Präsident Mike Pence, die designierte Vizepräsidentin Kamala Harris und die Präsidentin des Repräsentantenhauses Pelosi wurden in Sicherheit gebracht. Um 17 Uhr Ortszeit wurde das Kapitol dann schließlich geräumt.
Zuvor hatte Trump in einer Rede vor seinen Anhängern diese eindringlich aufgefordert, sich den „Diebstahl“der Wahl nicht gefallen zu lassen. Für einen Wahlbetrug hat Trump keine Beweise vorgelegt; mehr als 50 US-Gerichte wiesen seine diesbezüglichen Klagen zurück.
Schockiert zeigten sich auch viele Republikaner: Es sind Szenen, die selbst für Trumps Parteikollegen zu viel sind. „Das ist ein Putsch-Versuch“, schrieb der republikanische Abgeordnete Adam Kenzinger auf Twitter an die Adresse Trumps. „Sie beschützen nicht das Land. Sie sind erledigt, und ihr politisches Erbe wird ein Desaster sein“, so Kenzinger.
Im Kongress selbst versuchten Trump-treue Abgeordnete zuvor die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu blockieren. Sie legten Einspruch gegen die Zertifizierung ein. Dies erzwang Sitzungsunterbrechungen.
Kritik erntete Trump auch von Arnold Schwarzenegger: In einem Gastbeitrag für den „Economist“warnt der AustroRepublikaner und frühere Gouverneur von Kalifornien Trump davor, „den Glauben in die Wahlen zu zerstören und jahrhundertealte amerikanische
Prinzipien aus dem Fenster zu werfen“. „Ich wuchs in den Ruinen eines Landes auf, das die Demokratie aufgegeben hatte und die Konsequenzen tragen musste“, schreibt er.
Zugleich meldeten US-Sender gestern einen Triumph der Demokraten bei der Senatswahl in Georgia, der die Machtverhältnisse in Washington noch klarer zugunsten Bidens drehen wird. Die Eroberung der beiden Senatssitze bedeutet, dass die Republikaner im Senat in Washington ihre Mehrheit verlieren und Postenbesetzungen oder Gesetzesvorlagen Bidens nicht blockieren können; Biden hat damit freie Hand zu regieren. Es ist zu erwarten, dass Republikaner Neuauszählungen beantragen werden.
So einen Angriff auf unsere Demokratie hat unser Land noch nie erlebt. Herr Präsident Trump, verteidigen Sie die Verfassung. Joe Biden, designierter Präsident