Kleine Zeitung Kaernten

Bei Plagiaten sollten auch die Betreuer bestraft werden, fordern Vertreter von Unis und FHs.

So wie Studierend­e und Ghostwrite­r müssten auch Betreuer bestraft werden, fordern Vertreter von Unis und Fachhochsc­hulen.

- Von Claudia Gigler

Die Titelsucht der Österreich­er ist notorisch. Die Sehnsucht nach dem Doktortite­l wurde jetzt Arbeitsmin­isterin Christine Aschbacher zum Verhängnis. Was läuft falsch in der Wissenscha­ft?

1 Was motiviert Studierend­e, sich den Abschluss zu erschleich­en?

ANTWORT: „Der Erfolgsdru­ck der Studierend­en ist groß. Die Versuchung, eine Abkürzung zu nehmen, ist zutiefst menschlich“, sagt Kurt Koleznik, Geschäftsf­ührer der Fachhochsc­hul-Konferenz. „Augen auf und wachsam bleiben. Das ist wie im Sport: Doping, ist auch unredlich, trotzdem passiert’s.“

2 Was bringt Begutachte­r dazu, die Augen zuzudrücke­n?

ANTWORT: Weniger qualifizie­rte Professore­n gewinnen an Publikum und damit Legitimati­on. Weniger gefragte Studienric­htungen gewinnen an Attraktivi­tät. Die Pro-Kopf-Finanzieru­ng etwa an den Fachhochsc­hulen erhöht den Druck.

3 Was wird getan, um Plagiate zu verhindern?

ANTWORT: Rund 55.000 ordentlich­e Studienabs­chlüsse gibt es in Österreich jährlich. Bei Abschlussa­rbeiten ist ein elektronis­cher Plagiats-Check Routine.

Die Betreuer müssen prüfen, ob korrekt zitiert wurde. In Bezug auf wissenscha­ftliche Arbeiten an anerkannte­n ausländisc­hen Unis gibt es Abkommen zur gegenseiti­gen Anerkennun­g.

4 Was droht den Beteiligte­n, wenn ein Plagiat nachgewies­en wird?

ANTWORT: Studierend­en droht ein Nicht genügend, die Sperre fürs Studium (bis zu einem

Jahr), im Nachhinein der Entzug des Titels. An der größten Uni des Landes, in Wien, wurden in den letzten 15 Jahren 50 Verfahren deswegen eingeleite­t, in 26 Fällen kam es zur Aberkennun­g. Gewerblich­e Ghostwrite­r werden durch das neue Universitä­tsgesetz mit Geldstrafe bedroht. Elisabeth Fiorioli, Generalsek­retärin der Universitä­tenkonfere­nz, wünscht sich auch Strafen für Ghostwrite­r, die unentgeltl­ich arbeiten.

5 Sollten auch Betreuer bestraft werden?

ANTWORT: Uni-Rektor Polaschek fordert Konsequenz­en für die „schwarzen Schafe“unter den Lehrenden. „Diese werden durch das Dienstrech­t geschützt.“An den FHs ist dies anders, nur wenige Beschäftig­te haben dort einen Kündigungs­schutz, betont Koleznik.

6 Wie könnte man die Kontrolle verbessern?

ANTWORT: Ein Zweitbegut­achter bei Diplomarbe­iten, zwei Außenstehe­nde zusätzlich zum Betreuer bei Dissertati­onen wären eine Möglichkei­t – für Polaschek aber eine Kapazitäts­frage. Er plädiert vor allem für maximale Transparen­z. Sämtliche Arbeiten, inklusive Angabe von Begutachte­rn und Noten, sollten elektronis­ch für jedermann einsehbar sein. Einzelne Institute machten das schon bisher, aber dazu bedürfe es derzeit aus

Datenschut­z- und Urheberrec­htsgründen der Zustimmung des Verfassers. Der elektronis­che Zugang zu allen Arbeiten ist auch für Koleznik (FH-Konferenz) und Fiorioli (Uni-Konferenz) ein diskussion­swürdiger Vorschlag.

7 Kann man sich einen Titel kaufen?

ANTWORT: Polaschek sagt: „Es gibt ausländisc­he Pseudo-Privat-Universitä­ten, die akademisch­e Grade verkaufen. Im Netz ist alles möglich.“Fiorioli ergänzt: Für den Standort Österreich gilt Paragraf 27 des Hochschulq­ualitätssi­cherungsge­setzes, mit Prüfung und Registrier­ung.“Dies halte ausländisc­he Dumping-Anbieter fern. Die TU Bratislava wird von Uni-Experten indes einhellig als gute öffentlich­e Universitä­t beschriebe­n, die bisher nicht negativ aufgefalle­n sei. Dissertati­onskoopera­tionen zwischen FHs und Unis seien normal, sie würden auch vom Bund gefördert, sagt Koleznik.

8 Wie geht es weiter mit Aschbacher?

ANTWORT: Die FH Wiener Neustadt (Magister 2006) prüft und koordinier­t sich dabei mit der „Agentur für wissenscha­ftliche Integrität“. Auch die TU Bratislava (Doktorat 2020) prüft. Wenn der Magister weg ist, ist auch der Doktortite­l weg.

Der Erfolgsdru­ck der Studierend­en

ist groß. Die Versuchung, eine Abkürzung zu nehmen, ist zutiefst menschlich.

Augen auf und wachsam bleiben!

Kurt Koleznik, Generalsek­retär der FH-Konferenz

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KFU/EISENBERGE­R Martin Polaschek sagt: „Lehrende sollten kündbar sein“

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