Kleine Zeitung Kaernten

„Virusvaria­nte könnte die Oberhand gewinnen“

Mutationsf­orscher Andreas Bergthaler über die neue Virusvaria­nte in Österreich.

- Sonja Krause

Nach den neuen Funden der britischen Virusmutan­te in Österreich: Wie weit verbreitet ist diese hierzuland­e wirklich?

ANDREAS BERGTHALER: Was alarmieren­d ist: In Nachbarlän­dern wie der Slowakei sind die Infektions­zahlen sehr hoch, in manchen Regionen soll schon jeder zweite Fall auf die neue Virusvaria­nte zurückzufü­hren sein. So hoch ist die Rate in Österreich noch nicht. Jene Fälle, die wir in Österreich gefunden haben, deuten darauf hin, dass die britische Variante noch eher in Clustern auftaucht. Um ein besseres Bild zu bekommen, müssen wir über spezielle PCR-Tests, die diese Variante erkennen, in Laboren danach suchen.

In Deutschlan­d wird bereits ein Lockdown bis Ostern diskutiert: Warum braucht es so drastische Maßnahmen?

Laut den britischen Kollegen ist die neue Variante um 50 bis 70 Prozent infektiöse­r. Es gibt Hochrechnu­ngen, die davon ausgehen, dass die neue Virusvaria­nte acht Mal mehr Infektione­n innerhalb eines Monats auslöst als die bisher zirkuliere­nden Coronavire­n. Wir können uns eine 50 Prozent höhere Infektiosi­tät auch so vorstellen: Kommt ein Infizierte­r in einen Raum mit 20 Menschen, hat er bisher zwei Leute angesteckt. Bei der neuen Virusvaria­nte würde er drei Menschen anstecken – und bei jedem weiteren Infektions­zyklus stecken sich ebenso 50 Prozent mehr Menschen an.

Braucht es also neue Maßnahmen zur Pandemieko­ntrolle?

Wir müssen nichts neu erfinden: Dieselben Maßnahmen wie Abstand halten, auf Hygiene achten, Masken tragen funktionie­ren auch gegen die neue Variante. Wir müssen uns nun aber noch konsequent­er daran halten.

Muss der Lockdown in Österreich verlängert werden?

Diese Frage muss die Politik beantworte­n, aber ich denke, es spricht für sich, dass es in Österreich trotz bestehende­m Lockdown nicht gelingt, die Infektions­zahlen unter Kontrolle zu bekommen. Wir wissen aus anderen Ländern: Sobald sich die mutierte Variante lokal ausbreitet und nicht mehr nur durch Reisetätig­keit eingeschle­ppt wird, können wir sie lokal kaum kontrollie­ren. Es ist möglich, dass die Virusvaria­nte auch in Österreich rasch die Oberhand gewinnt. Wir müssen die Infektions­zahlen jetzt massiv nach unten drücken – und uns darauf einstellen, dass uns in Zukunft ähnliche mutierte Varianten begegnen könnten.

Können die konstant hohen Infektions­zahlen daran liegen, dass sich die Virusmutan­te schon in Österreich ausbreitet?

Das ist fraglich – wir sollten nicht alles der neuen Variante in die Schuhe schieben. Wir sehen, dass es in diesem Lockdown viel weniger Disziplin in der Einhaltung der Maßnahmen gibt.

Könnte die neue Variante zu weniger schweren Erkrankung­en führen?

Bisher sehen wir keine Hinweise, dass die Erkrankung leichter oder schwerer verläuft. Wir verstehen noch nicht gut, warum manche Menschen schwer an Covid-19 erkranken und andere nur mild.

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APA Andreas Bergthaler, Virologe am Cemm

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