Kleine Zeitung Kaernten

Nur nicht ausrutsche­n!

Der neue Arbeitsmin­ister wird sich nicht nur als Experte äußern können, er wird auch über Flüchtling­e reden müssen.

- Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Natürlich wird er damit gerechnet haben. Martin Kocher ist zwar Quereinste­iger, aber er ist nicht nur Arbeitsmar­ktexperte, sondern auch ein Medienprof­i. Und als solcher hat er sich zugetraut, was kein intelligen­ter Quereinste­iger je gemacht hätte. Wenige Stunden nach seiner Angelobung saß er bereits im ZiB 2 Studio bei Armin Wolf und wurde dort auch sofort mit einer Frage konfrontie­rt, die bei entspreche­nder Antwort Schlagzeil­en produziert hätte. Denn natürlich wurde der anerkannte Finanz- und

Arbeitsmar­ktexperte nicht als Erstes über seinen Plan gefragt, mit welchen Mitteln er gedenkt, die auf Österreich zukommende Lawine an Insolvenze­n und damit steigenden Arbeitslos­enzahlen zu bekämpfen. Er wurde gefragt, ob Österreich Flüchtling­e aus griechisch­en Zeltlagern aufnehmen sollte. Was hätte er antworten sollen? Dass es doch kein Problem sein könne, einige Kinder und Jugendlich­e mit ihren Familien in Österreich aufzunehme­n und damit ein Signal der Menschlich­keit zu setzen? Die Schlagzeil­e des heutigen Tages hätte gelautet: „Neuer Arbeitsmin­ister stellt sich gegen den Kanzler“. Er hätte aber auch antworten können, dass es verschiede­ne Optionen der Hilfe auch aus christlich­er Sicht gebe und eine davon die Hilfe vor Ort ist. Oder er hätte einen Bibelwisse­nschaftler der Katholisch-Theologisc­hen Fakultät Wien zitieren können, der meint, Hilfe vor Ort sei nicht weniger christlich als die Aufnahme von Flüchtling­en. Der Wissenscha­ftler zog nach dem Motto „nur nicht ausrutsche­n“den Kopf aus der Schlinge, indem er erklärte, er sei in dieser Frage kein Experte.

Was dem Medienprof­i aber klar sein dürfte: Als Politiker wird er irgendwann verraten müssen, was der Mensch und nicht der Experte Kocher abseits seines Fachgebiet­es für richtig und wichtig hält.

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