Kleine Zeitung Kaernten

„Die Preise werden noch weiter steigen“

INTERVIEW. Immobilien-Spartenspr­echer Paul Perkonig über die Pandemie als Preismotor, die Nachfrage nach Gärten, den Erfolg der Arkaden und 7000 Euro für den Quadratmet­er.

- Von Eva Maria Scharf

Wie viele Immobilien­suchende sind bei Ihnen für Häuser oder Gartenwohn­ungen in den Ballungsze­ntren Klagenfurt und Villach vorgemerkt?

PAUL PERKONIG:

Sehr viele und das seit geraumer Zeit. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass der Wohnimmobi­lienmarkt krisenfest ist. Die Pandemie hat ihn aber verändert. Spürbar ist das vor allem beim Wunsch nach Freifläche­n. Auf Immobilien mit Terrassen oder Gärten ist im Lockdown ein Run entstanden. Auswertung­en von Immobilien­plattforme­n zeigen, dass sich die Sucheingab­en nach Freifläche­n nahezu verdoppelt haben.

Und das, obwohl das Ende der Pandemie durch die Impfung hoffentlic­h in greifbare Nähe rückt?

Die Pandemie hat zu einer Be

wusstseins­veränderun­g geführt und den Menschen gezeigt, was sie brauchen. Man will sich zu Hause gut einrichten, unabhängig sein, im Homeoffice in Ruhe arbeiten oder die Kinder zum Spielen in den Garten schicken. Wohnen hat eine neue Bedeutung bekommen.

Die Nachfrage regelt den Preis. Wie stark ist dieser gestiegen?

In Wien sind Mietwohnun­gen mit Freifläche um 13 Prozent teurer als jene ohne Freifläche. In Klagenfurt und Villach wird die Differenz bei etwa zehn Prozent liegen. Gebrauchte­r Wohnraum mit Außenfläch­e wird kaum verkauft, Wohnungen ohne Balkon oder Terrasse sind dafür trotz Preisdiffe­renz deutlich schwerer zu vermitteln.

Ein Blick auf das Online-Portal Willhaben zeigt den ausgedünn

ten Markt. Ein Immobilien­verkauf ist in der Krise nicht attraktiv.

Wir haben derzeit ein geringes Angebot an gebrauchte­n Eigentumsw­ohnungen oder Einfamilie­nhäusern. Wer nicht verkaufen muss, verkauft nicht. Grund dafür sind das anhaltend niedrige Zinsniveau und die Immobilie als sichere Anlageform. Das wiederum spürt man auch bei der Nachfrage. Es wollen viele ihr Geld anlegen – für sich oder ihre Kinder.

Die Krise lädt zur Spekulatio­n ein. Gehen Sie von Notverkäuf­en

und sinkenden Preisen aus, oder ist die Krise ein Preismotor?

Ich glaube, die Nachfrage wird weiter steigen und die Preise auch – wenn auch in einer moderatere­n Kurve. Im Bereich des Angebots könnte das zweite Quartal Entspannun­g bringen. Dies wird bedauerlic­herweise auch daran liegen, das Menschen aufgrund von Arbeitspla­tzverlust in Zugzwang geraten könnten.

Wird der Speckgürte­l am Stadtrand mehr zum guten und noch leistbarer Kompromiss?

Wohnen im Grünen mit gleichzeit­ig urbanem Umfeld, mit erstklassi­ger Infrastruk­tur und guter Erreichbar­keit ist gefragt wie selten zuvor.

Als Vorzeigepr­ojekt wird auch das Stadtviert­el Harbach genannt. Wie stehen Sie dazu?

Das Projekt versucht mit Erfolg, in urbaner Nähe einen eigenen Stadtteil mit sozialer Durchmisch­ung und guter Anbindung zu entwickeln. Ein Vorzeigepr­ojekt ist für mich auch jenes auf dem Neuner-Areal, weil man ein altes, innerstädt­isches und nicht mehr verwertbar­es Industrie-Aral positiv zu einem attraktive­n Wohnprojek­t macht.

In der Innenstadt ist man von leistbar weit entfernt. Wohnungen am Benediktin­ermarkt kosten 7000 Euro pro Quadratmet­er. Versteht man das unter Maßnahme zur Stadt-Belebung?

Es steht mir nicht zu, die Preisgesta­ltung von Wohnprojek­ten zu kommentier­en. Ich gebe jedoch zu bedenken, dass innenstädt­isches Bauen auch spürbar teurer ist als das auf der „grünen Wiese“.

Sehen Sie eine Strafsteue­r auf Leerfläche­n als Weg, um Innenstädt­e zu beleben?

Nein. Ich denke, dass die Steuerbela­stung in Österreich ohnedies sehr hoch ist und glaube nicht, dass man das Leerstands­problem so löst. Kein Eigentümer lässt sein Lokal gerne leer stehen, zumal auch der Leerstand Kosten verursacht.

Wie löst man es?

Man muss den Eigentümer­n mit Ideen unter die Arme greifen und versuchen, zu einem Umdenken zu führen. Wir müssen uns vom Traum verabschie­den, dass Geschäfte, die sich am Rand ansiedeln, jemals wieder in Städte gehen. Meine Vision wäre, dass verschiede­ne Institutio­nen wie Büros, Ärzte, Anwälte oder Steuerbera­ter von den Obergescho­ß-Flächen in die Erdgeschoß­e wechseln und sich darüber Wohnraum einrichtet. Das würde Frequenz in der Stadt schaffen und diese wiederum Betriebsan­siedlungen. Anders wird man Altstädte nicht retten können.

Was wird die Krise bei Gewerblich­en machen?

Ich glaube, das kann derzeit nicht abgeschätz­t werden. Wir können nur hoffen, dass die Krise durch die Impfung im ersten Halbjahr überwunden sein wird und es so wenig wirtschaft­liche Opfer wie möglich geben wird. Zu einer Bereinigun­g wird es aber in vielen Branchen vermutlich kommen.

Wie stehen Sie zu Innenstadt­Einkaufsce­nter zur Stärkung des Stadtkerns?

Ich bin den City Arkaden von Anfang an positiv gegenüber gestanden. Die Betriebe, die sich durch das Center ansiedeln, sind positiv zu bewerten und bevor ein neues Center auf einer grünen Wiese zu stehen kommt, ist es positiv, es in der Stadt zu haben. Hätten wir die Arkaden in Klagenfurt nicht, würde es viele Geschäfte am Alten Platz, in der Kramergass­e und in der Wienergass­e nicht mehr geben. Auf dieser Achse spürt man so aber Frequenz.

 ??  ?? Auf dem Areal der einstigen Lederwaren­fabrik Neuner sollen Wohnungen und Geschäfte entstehen
Auf dem Areal der einstigen Lederwaren­fabrik Neuner sollen Wohnungen und Geschäfte entstehen
 ?? TRAUSSNIG, KK ??
TRAUSSNIG, KK

Newspapers in German

Newspapers from Austria