Voller Fragen
Neulich bin ich im tiefen Schneetreiben zur Bushaltestelle gestapft. Jetzt könnte ich damit auftrumpfen, wie umweltbewusst ich bin, aber in Wahrheit bin ich nur temporär ohne Auto, weil es sich der Junior geschnappt hat.
Das Schneetreiben also: Plötzlich taucht eine
Frau zwischen den Flocken auf: Nachthemd, darüber Bademantel, an den Füßen nichts. So tapste sie in der Kälte durch den Ort, wohin auch immer unterwegs, und führte mit sich selbst ein angeregtes Plauscherl. Was genau diese Frau besprochen hat mit dieser Frau, konnte ich nicht hören, aber die beiden waren offensichtlich unterschiedlicher Meinung, denn immer wieder hat die Frau im Schnee unwirsch den Kopf geschüttelt.
Nach so einer Begegnung kommt man natürlich ins Grübeln und fragt sich: Hätte ich am Gespräch teilnehmen sollen und die Meinungsverschiedenheit schlichten? Hätte ich fragen sollen, ob die Frauen Hilfe brauchen? War es falsch, einfach meines Weges zu gehen? Andererseits: Plötzlich war(en) sie weg! War alles nur Einbildung, ist mein Oberstübchen auch im Lockdown?
So viele Fragen, das musste mit mir besprochen werden, das durfte nicht liegen bleiben auf der Seele. „Hast du etwas gesagt?“, fragt am Abend die beste aller Ehefrauen, als sie meine aufgeregte Selbstmurmelei hört. „Nein, nein, ich habe nur eine Besprechung“, sage ich. „Es dauert noch, wir sind uns nicht einig.“