Gut geschätzt.
Christian Tschuk, Leiter des Dorotheums Klagenfurt, blickt auf ein gutes Auktionsjahr zurück.
Das Auktionshaus Sotheby’s hat 2020 bei 362 OnlineAuktionen beachtliche 522 Millionen Euro Umsatz gemacht. War das Dorotheum im Krisenjahr ähnlich erfolgreich?
CHRISTIAN TSCHUK: Wir sind zufrieden. Ich bin in Klagenfurt seit 2010 federführend tätig und wir hatten durchwegs leichte Steigerungen. Der Umsatz 2020 ist jedenfalls ähnlich gut wie 2019.
Wie viel Prozent des Umsatzes macht Ihr Auktionshaus mittlerweile im Internet?
Für das gesamte Unternehmen kann ich das nicht genau sagen. Aber die Tendenz ist absolut steigend. Im vergangenen Jahr fanden 700 Auktionen statt, 600 davon fanden online statt. In Klagenfurt machen wir seit vier Jahren ausschließlich Onlineauktionen. Die werden sehr stark angenommen, besonders seit dem ersten Lockdown im vergangenen März. Wir haben die Kunden früher durch PrintKataloge erreicht oder die Interessenten sind zu uns ins Haus gekommen, um sich die Objekte anzusehen. Wir hatten dadurch einen viel geringeren Radius. Wir erreichen jetzt in Klagenfurt bei einer Varia-Onlineauktion zwischen 6000 und 10.000
Kunden. 70 bis 80 Prozent der Verkäufe gehen dabei in andere Bundesländer. Wobei wir bemerkt haben, dass wir trotz geringerer Stückzahlen ein fast gleich gutes Ergebnis erzielen konnten wie 2019.
Heißt das, dass zuletzt weniger Gegenstände für Auktionen eingebracht wurden?
Ja. Es ist schwieriger geworden, Objekte zu lukrieren.
Eigentlich sollte man annehmen, dass die Menschen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mehr Wertgegenstände ins Dorotheum tragen.
Das wäre mir in Klagenfurt nicht aufgefallen. Ich vermute, dass sich derzeit viele fragen: „Warum soll ich jetzt verkaufen?“Und: „Was mache ich mit dem Geld?“
Welche Gegenstände haben sich 2020 am besten verkauft? Die Verkäufe haben sich sehr stark in den Kunstbereich verlagert. Das sieht man auch bei den Kunstmessen. Klassische Antiquitätenhändler, die früher hochwertiges Mobiliar angeboten haben, handeln jetzt mit bildender Kunst. In Klagenfurt verkaufen wir bei unseren Auktionen 50 bis 70 Prozent Kunstwerke.
Der Rest teilt sich auf in Juwelen, Uhren und klassische Antiquitäten.
Welche Art von bildender Kunst ist derzeit besonders gefragt? Gegenständliche Malerei aus dem 19. Jahrhundert ist etwas rückläufig. Wir haben jetzt zwar für 45.000 Euro plus Aufgeld ein Glocknerbild von Markus Pernhart nach Wien verkauft, aber am besten verkaufen sich zeitgenössische Kunst und die klassische Moderne.
Welches Ihrer in Klagenfurt angebotenen Bilder erzielte bisher den höchsten Preis?
Das waren zwei Ölgemälde von Werner Berg, für die 2016 jeweils um die 110.000 Euro geboten wurden. Die „Local Heroes“bleiben eigentlich immer dieselben. In Kärnten sind das Werner Berg, Maria Lassnig oder Hans Bischoffshausen. Auch ein Heimo Zobernig hat sich im letzten Jahrzehnt gut entwickelt.
Sie sind seit vielen Jahren Schätzmeister. Wie kommt man zu einem solchen Beruf?
In meinem Fall war das so, dass ich Silber- und Goldschmied gelernt habe. Ich habe mich dann mit Mitte Zwanzig umorientiert, weil der Arbeitsmarkt für meinen Beruf nicht so prickelnd war. Nach einem Eignungstest wurde ich beim Dorotheum aufgenommen. Ich bin dann durch alle Abteilungen gereicht worden, habe Zwischenprüfungen gemacht und nach zweieinhalb Jahren Basisausbildung in Wien hieß es schließlich „learning by doing“.
Haben Sie hin und wieder auch Flops erlebt?
Es gab einen Flop, aber es kam dabei niemand zu Schaden. Es handelte sich um die Fehleinschätzung eines Gemäldes. Das hat mir gezeigt, dass man noch genauer recherchieren und arbeiten muss, damit keine Fehler passieren. Es war für mich ein Lehrgeld, das zum Glück nicht ausbezahlt werden musste.
Schauen Sie hin und wieder eine der derzeit so beliebten Antiquitäten-Sendungen?
Ich versuche es zu vermeiden. Ich habe früher „Kunst und Krempel“im Bayerischen Rundfunk mitverfolgt. Das war für mich ein ausgezeichnetes Format, das danach nie mehr erreicht wurde. Aber auch „Bares für Rares“ist sehr unterhaltsam und die Sendung im Dorotheum mit Karl Hohenlohe „Was schätzen Sie?“finde ich ebenfalls gelungen. Meine Mutter ist eine leidenschaftliche „Bares für Rares“-Seherin. Wenn ich bei meinen Eltern bin und mir das anschauen muss, dann schätze ich manchmal sogar mit und schaue, ob ich recht habe.
Freut es Sie, dass so viele Menschen diese Sendungen verfolgen?
Auf jeden Fall. Ich finde es gut, dass es solche Sendungen gibt, weil dadurch das Interesse an Kunst und Antiquitäten geweckt wird. Wir haben nämlich ein massives Generationenproblem. Das betrifft nicht nur uns als Auktionshaus, sondern auch Galerien und Kunsthändler.
Wann werden Ihre nächsten Auktionen stattfinden?
Wir beginnen im Februar mit einer kleinen Online-VariaAuktion mit Gemälden, Grafiken, Schmuck und Uhren. Im Juni folgt dann eine große Auktion. Wir sind gerade am Lukrieren von Objekten. Für Beratungen und Übernahmen bieten wir individuelle Termine mit unseren Experten an.