Daten und Taten.
Günther Tschabuschnig ist Chef des „technischen Gehirns Österreichs“und löst viele Probleme.
Ich komme zu meinem Arbeitsplatz – und starre in die Läufe von ein paar Sturmgewehren. Spätestens da wurde mir klar, wie wichtig die Zamg für Österreich wirklich ist.“
Was vorher geschah: Günther Tschabuschnig, Anfang 30, ist seit Kurzem Informationstechnologie-Chef (CIO) und erhält nachts ein Einbruchsalarm-EMail aufs Handy. Er checkt das im Büro, will den Behörden mitteilen, dass es nur ein Fehlalarm ist – und steht vor den schwerbewaffneten Polizisten, die das Rechenzentrum umstellt haben. „Ich musste meinen Ausweis zeigen, bis sie glaubten, dass ich der Leiter bin.“
Die Nervosität der Sicherheitskräfte ist verständlich. Die Abteilung mit 52 Mitarbeitern und vier Supercomputern, die Tschabuschnig seit 2014 leitet, ist das technische Gehirn Österreichs und muss sogar nach eidass nem Atomunfall autark funktionieren. Ohne das Zentrum würde das öffentliche Leben stark beeinträchtigt werden.
Doch wie wird ein junger Mann aus Ferndorf TechnikChef einer Institution, deren Aufgaben schon im Alltag gewaltig sind? Wetter, Klima, Gletscher, Katastrophenerkennung und -analysen wie nach Vulkanausbrüchen, das Überwachen möglicher illegaler Atomtests: In einigen der Bereiche gehört die Zamg (Zentral
anstalt für Meteorologie und Geodynamik) zur Weltspitze.
„Ich bin in einer bodenständigen Familie aufgewachsen“, sagt Tschabuschnig. „Meine Mutter hat einen Löwencharakter und uns gelehrt, für seine Überzeugungen zu kämpfen.“
Nach der HTL Klagenfurt studierte er Medizin-Informatik. Er gehörte zu einem Team, das dauerhaft intubierten Querschnittsgelähmten das selbstständige Atmen ermöglichte. Als er vom Professor erfuhr, die Geräte nur für jene sind, „die es sich leisten können“, wollte er auch diesen wirtschaftlichen Komplex verstehen und studierte Internationales Management.
In der Zeit machte er eine wichtige Erfahrung: „Ich fragte meinen Freund, einen angehenden Investmentbanker, wie ich mein Geld schnell vermehren kann. Er riet mir, in Gold zu investieren. Ich steckte 1000 Euro – nicht wenig für einen Studenten – in eine südamerikanische
Goldmine.“Die Anteile gingen durch die Decke. Doch nach sechs Monaten war alles weg.
„Daraus habe ich zwei Lehren gezogen. Erstens: Glaube keinem Investmentbanker – obwohl wir bis heute beste Freunde sind. Und zweitens: Investiere nie in endliche Ressourcen, sondern in Daten. Wenn du Ressourcen teilst, hat jeder die Hälfte. Teilst du Daten, hat jeder mehr als vorher.“
Günther Tschabuschnig arbeitete sieben Jahre im Bundeskanzleramt. Dann bewarb er sich bei der Zamg, die einen Neuanfang wollte. Er bekam den Job, strukturierte die Abteilung neu und ließ das IT-Gebäude umbauen. „Weil wir nicht im eigenen Sud köcheln wollten, haben wir uns für externe Partner geöffnet, die wir mit unseren Daten, Rechnern und Kenntnissen unterstützen. Wir sind kein Dienstleister mehr, sondern strategischer Partner.“
Das berufliche wie private Leben des Ferndorfers lässt sich frei nach Goethe umreißen: „Der Worte sind genug gewechselt. Lasst mich endlich Daten sehen!“Wenn er privat in die Antarktis reist, diskutiert er mit Forschern vor Ort, wie man deren Daten bei der Zamg in Echtzeit analysieren und zurückschicken kann. Fragt man nach seinem Privatleben, hält sich Tschabuschnig bedeckt: „Daten sind meine Familie.“
Der Datenenthusiast hat viele Ideen: „Ein zentraler Marktplatz wie Google, Amazon oder Apple geht in Europa nicht, weil die Menschen ihre Datenhoheit nicht verlieren wollen. Bei uns ist das nur dezentral möglich.“Oder: „Wenn wir in Wien unsere acht hochpräzisen Wetterstationen mit den 2500 privaten verbinden, können wir bessere, auch kleinräumige Vorhersagen machen. Das ist eine der vielen Chancen von Crowd Data.“
Hobbys? Freizeit? Ausspannen? „Jagen, die Natur genießen, Lesen – wie die Biografie von Steve Jobs. Aber auch dann habe ich immer Daten im Hinterkopf: Wo und wie kann man etwas – in Daten umgewandelt – nutzen? Big Data, also die Auswertung riesiger Datenmengen, ist die Zukunft, aus der wir unser Wissen beziehen werden.“
Genau: Lasst ihn endlich Daten sehen, so viele wie möglich!