Kleine Zeitung Kaernten

Mit dem Bergmann aus der Krise

Armin Laschets Politik in der Coronakris­e wurde massiv kritisiert. Doch er hat das Blatt für sich überrasche­nd gewendet.

- Von Ingo Hasewend

Der Augenblick könnte zu einem Lehrstück für politische Inszenieru­ng werden. Jedenfalls war es der Moment, als all jene, die Armin Laschet unterschät­zt haben, innehalten mussten. Beim CDUParteit­ag trat der Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen neben das Pult und holte eine Messingmün­ze mit der Ziffer 813 aus der Hosentasch­e. Das sei die Erkennungs­marke seines Vaters als Bergmann, sagte der 59-jährige Aachener, der zuvor lange über Vertrauen und Zusammenha­lt gesprochen hatte. Er habe sie nach seinen Jahren unter Tage als Schlüssela­nhänger verwendet, damit sie ihn an das Vertrauen erinnere, das er im Stollen gelernt habe. Man habe sich vertrauen müssen, egal woher man kam. Sein Vater habe ihm die Marke als Glücksbrin­ger mitgegeben und auch den Satz: „Sag den Leuten, sie können dir vertrauen.“

Mit diesem emotionale­n Ausfallsch­ritt hat Laschet seine beiden Kontrahent­en im Kampf um den Parteivors­itz hinter sich gelassen. Überrasche­nd klarer, als die meisten erwartet haben. Denn Laschet lag lange Zeit deutlich hinter Friedrich Merz und meist gleichauf mit Norbert Röttgen, den viele ohnehin nur als Außenseite­r angesehen haben. Zuschreibe­n lassen musste sich das Laschet selbst. Sein Krisenmana­gement im bevölkerun­gsreichste­n deutschen

Bundesland wurde massiv kritisiert. Seine Auftritte in der ersten Coronawell­e wurde zum Popularitä­tsdesaster. Zudem wirkte er in der Krise zu oft unentschie­den, was die Maßnahmen anging. Laschet gilt innerparte­ilich als nett, milde, gemütlich, aber vermittelt nicht das Bild eines Anpackers.

Dass Laschet neben Merz auch Röttgen so eindeutig hinter sich ließ, wird er mit Genugtuung sehen. Denn 2010 verlor er gegen den damaligen Bundesumwe­ltminister im Kampf um den Parteivors­itz in seinem Bundesland. Es entstand öffentlich der Mythos des ewigen Zweiten, obwohl Laschet Röttgen schon zwei Jahre später wieder ablöste, nachdem dieser als Spitzenkan­didat in der Landtagswa­hl gescheiter­t war. Überrasche­nderweise siegte der dreifache Vater dann 2017 auch aus der Opposition heraus gegen die beliebte sozialdemo­kratische Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft. Laschet ging mit der FDP eine Koalition ein.

Laschet wurde in einem katholisch­en Elternhaus in Aachen geprägt. Sein Vater wechselte spät in den Lehrberuf. Schon als Schüler engagierte sich der Sohn bei den Christdemo­kraten und auch in der kirchliche­n Jugendarbe­it. Nach dem Jusstudium in Bonn und München startete er als Radiojourn­alist und übernahm 1991 die Chefredakt­ion der Kirchenzei­tung für das Bistum Aachen. 1994 zog er in den Bundestag ein und schloss sich als Unionspoli­tiker den „Jungen Wilden“an, die mit den Grünen im Parlament über neue Wege etwa in der Migrations­politik diskutiert­en. Integratio­nspolitik wurde zu einem politische­n Schwerpunk­t. Er unterstütz­te 2015 auch die Flüchtling­spolitik von Angela Merkel. Bereits 2018, nach ihrem Rücktritt von der CDUSpitze, wurde er als möglicher Nachfolger für beide Ämter gehandelt, ließ aber damals Annegret Kramp-Karrenbaue­r in der CDU den Vortritt.

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APA Laschet will mit seiner Politik auch auf Parteigrup­pen zielen, die Merz unterstütz­t haben

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