Zwei Sieger und einige große Fragezeichen
Fünf Jahre lang lieferte der Teletest falsche Reichweiten. Wie es dazu kam und wie die Sender 2020 abschnitten.
Gelegenheiten, den Zahlenirrtum früher zu bemerken, hätte es gegeben. Seit 2015 wurden Teletest-Messgeräte ausgeliefert, die einen Programmierfehler aufwiesen, der in Mehrpersonenhaushalten zu inkorrekten Zahlen führte. Das Ausmaß stieg mit den Jahren: Je mehr defekte Geräte ausgeliefert wurden, desto größer wurde die Fehlerquote.
Bei einer externen Revision blieb der Irrtum unentdeckt: „Diverse Überprüfungen, darunter ein Audit 2016, haben diesen Fehler leider nicht erkannt, da er nur sehr schwer bis kaum zu erkennen gewesen war“, heißt es vom durchführenden Marktforschungsinstitut GfK Austria gegenüber der Kleinen Zeitung. Man spricht von einem „historisch bedingten und bedauerlichen Fehler im Programmiercode“.
Reichweiten und Marktanteile zählen zu den elementaren Indikatoren für den Erfolg von TV-Sendern und sind die Grundlage für den Verkauf von Werbezeiten. Im Gegensatz zu 2016, als Manipulationen beim Radiotest öffentlich wurden, dürften die Auswirkungen diesmal jedoch überschaubar und ein Versehen sein: Maximal fünf Prozent der Reichweite soll die Abweichung betragen, heißt es vom ORF. Konkreter: War für eine Sendung 2020 eine Quote von einer Million Zuschauern angegeben, seien es also tatsächlich mindestens 950.000 gewesen. Weil alle Sender gleichermaßen betroffen sind, seien die Auswirkungen auf die Marktanteile minimal, heißt es.
Die Quotenbilanz für die österreichischen TV-Sender verzögerte sich entsprechend um drei Wochen. Gestern teilte die Arbeitsgemeinschaft Teletest (AGTT) die Zahlen mit: Das
TV-Coronajahr 2020 kennt mit ORF 2 (22 % Marktanteil) und ServusTV (3,4 %) zwei klare Gewinner. Der MateschitzSender ist damit erstmals stärkster Privatsender, während Puls4 (3,3 %), ATV (3,2 %) und ORF 1 (8,2 %) schlechter abschneiden, als es die unkorrigierten Zahlen für 2019 behaupten. Weil die korrekten Ursprungsdaten von 2015 bis 2019 fehlen, könnten für diesen Zeitraum jedoch keine korrigierten Reichweiten errechnet werden. Entsprechend bleibt hinter der Vergleichbarkeit ein kleines Fragezeichen.
Trotz eines allgemeinen Rückgangs beim Marktanteil darf sich Puls4 mit 5,1 Prozent über einen Rekord in der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen freuen. Der Nachrichtensender Puls24 stand 2020 bei 0,5 Prozent. Konkurrent oe24.tv kam auf 0,8 Prozent.
Keine Auswirkungen hat der Teletest-Irrtum auf die Rekorde 2020: So bleibt der 15. März, der Tag, an dem die Regierung die Ausgangsbeschränkungen verkündete, der reichweitenstärkste ORF-2-Fernsehtag seit Beginn des Teletests 1991.