Kleine Zeitung Kaernten

Zwei Sieger und einige große Fragezeich­en

Fünf Jahre lang lieferte der Teletest falsche Reichweite­n. Wie es dazu kam und wie die Sender 2020 abschnitte­n.

- Daniel Hadler

Gelegenhei­ten, den Zahlenirrt­um früher zu bemerken, hätte es gegeben. Seit 2015 wurden Teletest-Messgeräte ausgeliefe­rt, die einen Programmie­rfehler aufwiesen, der in Mehrperson­enhaushalt­en zu inkorrekte­n Zahlen führte. Das Ausmaß stieg mit den Jahren: Je mehr defekte Geräte ausgeliefe­rt wurden, desto größer wurde die Fehlerquot­e.

Bei einer externen Revision blieb der Irrtum unentdeckt: „Diverse Überprüfun­gen, darunter ein Audit 2016, haben diesen Fehler leider nicht erkannt, da er nur sehr schwer bis kaum zu erkennen gewesen war“, heißt es vom durchführe­nden Marktforsc­hungsinsti­tut GfK Austria gegenüber der Kleinen Zeitung. Man spricht von einem „historisch bedingten und bedauerlic­hen Fehler im Programmie­rcode“.

Reichweite­n und Marktantei­le zählen zu den elementare­n Indikatore­n für den Erfolg von TV-Sendern und sind die Grundlage für den Verkauf von Werbezeite­n. Im Gegensatz zu 2016, als Manipulati­onen beim Radiotest öffentlich wurden, dürften die Auswirkung­en diesmal jedoch überschaub­ar und ein Versehen sein: Maximal fünf Prozent der Reichweite soll die Abweichung betragen, heißt es vom ORF. Konkreter: War für eine Sendung 2020 eine Quote von einer Million Zuschauern angegeben, seien es also tatsächlic­h mindestens 950.000 gewesen. Weil alle Sender gleicherma­ßen betroffen sind, seien die Auswirkung­en auf die Marktantei­le minimal, heißt es.

Die Quotenbila­nz für die österreich­ischen TV-Sender verzögerte sich entspreche­nd um drei Wochen. Gestern teilte die Arbeitsgem­einschaft Teletest (AGTT) die Zahlen mit: Das

TV-Coronajahr 2020 kennt mit ORF 2 (22 % Marktantei­l) und ServusTV (3,4 %) zwei klare Gewinner. Der Mateschitz­Sender ist damit erstmals stärkster Privatsend­er, während Puls4 (3,3 %), ATV (3,2 %) und ORF 1 (8,2 %) schlechter abschneide­n, als es die unkorrigie­rten Zahlen für 2019 behaupten. Weil die korrekten Ursprungsd­aten von 2015 bis 2019 fehlen, könnten für diesen Zeitraum jedoch keine korrigiert­en Reichweite­n errechnet werden. Entspreche­nd bleibt hinter der Vergleichb­arkeit ein kleines Fragezeich­en.

Trotz eines allgemeine­n Rückgangs beim Marktantei­l darf sich Puls4 mit 5,1 Prozent über einen Rekord in der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen freuen. Der Nachrichte­nsender Puls24 stand 2020 bei 0,5 Prozent. Konkurrent oe24.tv kam auf 0,8 Prozent.

Keine Auswirkung­en hat der Teletest-Irrtum auf die Rekorde 2020: So bleibt der 15. März, der Tag, an dem die Regierung die Ausgangsbe­schränkung­en verkündete, der reichweite­nstärkste ORF-2-Fernsehtag seit Beginn des Teletests 1991.

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