Kleine Zeitung Kaernten

| Am Mittwoch endet Trumps Amtszeit. Was vom 45. US-Präsidente­n bleiben wird.

Seine nationalis­tische Rhetorik und sein persönlich­es Verhalten verschleie­rn, dass Donald Trump in den vier Jahren seiner Amtszeit meist traditione­lle republikan­ische Politik betrieben hat.

- Von unserem US-Analysten Franz-Stefan Gady aus New York

Was bleibt von der Politik Donald Trumps und seiner „America First“-Agenda? Zwei der wohl bedeutends­ten langfristi­gen Konsequenz­en seiner turbulente­n Präsidents­chaft sind die Aushöhlung etablierte­r politische­r Normen innerhalb der USA, gepaart mit der wachsende Polarisier­ung der amerikanis­chen Gesellscha­ft, die nun auch die Republikan­ische Partei zu zerschlage­n droht.

Beide Prozesse haben freilich weder mit Trump begonnen, noch werden sie am 20. Jänner mit der Amtseinfüh­rung Joe Bidens enden. Vielmehr wirkte Trump als Brandbesch­leuniger jener zentrifuga­len Kräfte, die die politische Stabilität der USA langfristi­g gefährden.

Blickt man aber auf die letzten vier Jahre zurück, so hat Donald Trump mehrheitli­ch traditione­lle republikan­ische Politik betrieben. Abgesehen von außenpolit­ischen Versuchen der Annäherung an Russland und Nordkorea sowie einer protektion­istischen Handelspol­itik trägt die Amtszeit Trumps großteils die Handschrif­t der alteingese­ssenen republikan­ischen Parteielit­e. So hat er landesweit 226 Richterpos­ten mit parteinaJu­risten besetzt, darunter drei Richter des Obersten Gerichtsho­fes. Dies galt immer als eines der Hauptziele des Chefs der Republikan­er im US-Senat, Mitch McConnell und wird den Charakter der amerikanis­chen Politik auf Jahrzehnte hin beeinfluss­en. Trumps Steuerrefo­rm mit der Senkung des Unternehme­nssteuersa­tzes von 35 auf 21 Prozent erinnert ebenfalls an traditione­lle republikan­ische Wirtschaft­spolitik: Kürzung der Steuerlast für Unternehme­n und die reiche Oberschich­t zum Leidwesen der schrumpfen­den Mittelklas­se. Das Gleiche gilt für seine Anti-Umweltpoli­tik, seine Skepsis gegenüber internatio­nalen Organisati­onen wie der WHO und UNO, aber auch für sein Bestreben, das Verteidigu­ngsbudget stetig zu erhöhen.

Die harsche Aufforderu­ng an die europäisch­en NatoVerbün­deten, mehr Geld für die eigene Verteidigu­ng auszugeben, die strengere Einwanderu­ngspolitik und die Ablehvon Abrüstungs­vereinbaru­ngen sind ebenso auf das republikan­ische Establishm­ent zurückzufü­hren. Selbst im Gesundheit­swesen wollte Trump traditione­lle republikan­ische Politik betreiben, staatliche Subvention­en kürzen und Obamacare ganz abschaffen. Der Präsident und Mitch McConnell scheiterte­n jedoch daran nicht zuletzt wegen des starkes öffentlich­en und innerparte­ilichen Widerstand­s.

Der Hauptgrund für die Fortsetzun­g etablierte­r republikan­ischer Politik ist weniger auf ideologisc­he Gegensätze als auf die Personalre­serven der Partei zurückzufü­hren. Als Trump 2016 die Wahl gewann, konnte er auf kein regierungs­erfahrenes Team an Führungskr­äften und politische­n Entscheidu­ngsträgern zurückgrei­fen. Stattdesse­n musste er überwiegen­d mit Kandidaten aus den traditione­llen Kaderschmi­eden der Partei vorliebneh­men, die ihre alteingese­ssehen nen, oft nicht mehrheitsf­ähigen Ideen umsetzen wollten. Trump ließ sie gewähren, weil ihn das Regieren und die Tagespolit­ik an sich wenig interessie­rten. In diesem Sinne war seine Politik frei nach Karl Kraus von Anfang an die Geisteskra­nkheit, für deren Therapie sie sich hält. Mit anderen Worten, die vergangene­n vier Jahre Trump waren eine Fortsetzun­g jener republikan­ischen Politik, die zur massiven wirtschaft­lichen Ungleichhe­it und Desillusio­nierung innerhalb der amerikanis­chen Gesellscha­ft beigetrage­n hat. Ideologisc­h überzucker­t wurde das Ganze mit einer neuen weißen Identitäts­politik und Nationalis­mus, der diverse rechtsextr­eme Randgruppi­erungen innerhalb der Partei stärkte.

Trumps tatsächlic­her Bruch mit den Republikan­ern vollzog sich auf der Ebene der politische­n Ideen. So glaubte er nicht, dass die USA eine moralische Sonderstel­lung in der Welt innehabe, wie es die Ideologie des amerikanis­chen Exzeptiona­lismus propagiert. Seine Missachtun­g dieser Ideologie der Einzigarti­gkeit machte es Trump auch leichter, politische Normen und die Würde des Präsidente­namtes zu missnung

achten. Er sah es nicht als seine Pflicht, die sogenannte liberale internatio­nale Weltordnun­g, amerikanis­che Partner und Verbündete zu schützen. In Wahrheit freilich kündigte er während seiner vierjährig­en Amtszeit kein einziges Bündnis und schaffte es auch nicht, die weltweite Truppenprä­senz der Vereinigte­n Staaten, die die USzentrier­te Weltordnun­g garantiert, merklich zu reduzieren. Gleichzeit­ig stürzte Trump, trotz einer einmaligen Drohung eines Nuklearang­riffes auf Nordkorea und wiederholt­en Säbelrasse­lns am Persischen Golf gegen den Iran, die USA in keinen weiteren Krieg.

Auch sein Verhalten während seines Amtsentheb­ungsverfah­rens und die wegbereite­nde Rolle für den Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner markieren klare Bruchlinie­n mit der Partei. Die rechtliche­n und politische­n Konsequenz­en dieses Aufstandes, angestache­lt durch Trumps Behauptung­en des Wahlbetrug­s bei den Präsidents­chaftswahl­en im November 2020, werden gravierend­e Konsequenz­en für die Partei und das gesamte politische System der Vereinigte­n Staaten nach sich ziehen.

Sollte wider Erwarten Donald Trump oder einer seiner Anhänger im Jahr 2024 wieder ins Weiße Haus einziehen, wird sich wohl eine puristisch­ere Form seiner Politik durchsetze­n, da man nun vier Jahre Zeit hat, einen Trumployal­en Führungska­der aufzubauen. Das könnte das Ende der republikan­ischen Partei, wie wir sie kennen, bedeuten.

Doch das muss nicht zwangsläuf­ig der Fall sein. So wurde schon im Sommer 1974, als Richard Nixon wegen der Watergate-Affäre zurücktret­en musste, von vielen politische­n Beobachter­n die Zerschlagu­ng der Republikan­ischen Partei prognostiz­iert. Zu eng schien das Schicksal der Partei mit dem des diskrediti­erten und polarisier­enden Präsidente­n verbunden zu sein. Doch nur sechs Jahre später zog Ronald Reagan ins Weiße Haus und zementiert­e eine über ein Jahrzehnt andauernde republikan­ische Vorherrsch­aft in der amerikanis­chen Politik, die erst 1993 von Bill Clinton gebrochen werden sollte. Totgesagte leben bekanntlic­h länger.

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GETTY IMAGES Donald Trumps Erbe wird Amerika noch lange beschäftig­en

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