Ex-Skistar macht sich Sorgen um Nachwuchs für den Spitzensport.
Felix Neureuther sorgt sich um den Sport, speziell um den seinen, den Skisport. Und er sorgt sich um den Nachwuchs. Deshalb sucht er Lösungen und schrieb darüber ein Buch.
In Kitzbühel kennt sich Felix Neureuther aus, immerhin waren es nicht zuletzt seine zwei Slalomsiege hier, die seine Beliebtheit hierzulande begründeten und ihn, nebst der sympathischen Art seines Umgangs mit Medien und auch Niederlagen gegen Marcel Hirscher, zum „Lieblings-Piefke“der Österreicher gemacht haben. Neureuther war stets authentisch, nahm sich nie ein Blatt vor den Mund. Er unterhielt, doch scheute er sich auch nicht vor Kritik. „Aber kritisieren ist leicht, es geht darum, Lösungen zu finden.“
Lösungen für die Probleme, die dem Garmisch-Partenkirchener besonders am Herzen liegen, sieht er doch den Sport essenziell in Gefahr. Weil der die Jungen zu verlieren droht. Die „Helden von heute“sind nicht mehr Teil der Welt der Jungen und damit wird der „Held von morgen“zur vom Aussterben bedrohten Spezies. Damit dem nicht so ist, führte Neureuther viele Gespräche und schrieb zusammen mit ExHirscher Pressemann Stefan Illek und dem Journalisten Alex Hofstetter – ein Buch: „Helden von morgen“. Darin geht es genau darum: Den Sport und seine Zukunft und die Kinder, die den Zugang zum Sport verlieren.
Die Conclusio: „Der Sport ist unnahbar geworden. Der Breitensport hat sich sehr vom Profisport entfernt. Und es wird immer schlimmer. Wir müssen jetzt anfangen, Dinge zu verändern. Weil wenn in 20, 30 Jahren die nächsten Generationen kommen, dann kann es zu spät sein, auch und speziell für den Skisport, so wie wir ihn heute noch kennen und lieben.“Also sprach Neureuther mit vielen Prominenten. Mit Marcel Hirscher natürlich. Mit Arnold Schwarzenegger (Neureuther: „Ein Wahnsinns-Mensch mit so vielen Geschichten“). Mit ExBayern-Präsident Uli Hoeneß und Bayern-Star Thomas Müller. Mit Zukunftsforscher Tristan Horx. Und mit vielen anderen. Die Kernfrage: Wie kann man Kinder zum Sport bewegen? Was muss passieren, was muss sich ändern?
Neureuther zieht für „die Helden von morgen“(das sind alle, die etwas verändern wollen und können) eine breite Schleife. Es geht um Verbände und ihre starre Organisation. „Die Funktionäre sehen nicht, was passiert. Und die, die was ändern wollen, können nicht, weil da dann fünf andere sind, die dagegen sind.“Und so hat ein Kreislauf zwischen Bestechung und Kommerz begonnen, der mit dem Verlust der Glaubwürdigkeit endet. Und damit, dass der Sport seine Nachhaltigkeit verliert, seine Vorbildwirkung. Weil die Helden des Sports für die Kinder nicht mehr zu Vorbildern werden und dem Sport so die Helden von morgen verloren gehen. Was Neureuther rät: „Viel mehr Sportler müssen sich nach der Karriere in den Verbänden engagieren und dürfen da nicht nur aufs Geld schauen.“Mit Hirscher würde er sich in der Funktionärsebene einbauen: „Ich kann dann der Kasperl sein, er kann ernsthaft arbeiten“, scherzte Neureuther.
Klar ist ihm: „Es braucht ein radikales Umdenken, sonst wird der Sport, den wir lieben, so in der Öffentlichkeit sicher nicht mehr wahrgenommen werden.“Vor allem der Skisport ist ihm ein Anliegen. „Den versteht keiner mehr. Wir haben acht Disziplinen – ich denke, man kommt mit Abfahrt, Riesentorlauf, Slalom aus. Den Super-G würde ich auch behalten – auch aus Sicht der Athleten. Aber sonst begreift das ja in Hamburg keiner mehr. Und man hat auch keine Helden mehr, die für Kontinuität sorgen, mit denen man sich identifizieren kann!“
Was er in seinen Gesprächen erfahren hat und was Neureuther, selbst zweifacher Papa mit ExBiathletin Miriam Neureuther, schockt: „Von 6 bis 10 spielen viele Kinder Fußball. Ab 10 brechen sie weg. Das ist in allen anderen Sportarten auch so. Weil die Professionalisierung so früh beginnt, sich das keiner mehr antun will.“Dazu kommt: „Vor Corona hatte man bei fünf Prozent aller Kinder eine Bildschirmzeit von acht Stunden und mehr pro Tag. Jetzt sind es schon 25 Prozent. Es ist an der Zeit, etwas zu tun!“Kinder brauchen ihre Freiheit. Neureuther: „Wir brauchen Systeme wie Norwegen. Da genießen Kinder Freiheit und Bewegung. Und das Land ist in vielen Sportarten Weltklasse, obwohl es nicht besonders groß ist. Sie wissen, was sie tun.“