Kleine Zeitung Kaernten

„Hab mich für Impfung nicht vorgedräng­t“

- Die Corona-Pandemie lässt für die Gemeinden die Einnahmen A. B.

Bevölkerun­g viel direkter, viel besser. Ich bin nahezu mit allen per Du. Das ist gut so. Ich kenne die Wehwehchen meiner Leute: etwa, dass HTL-Schüler am Abend nicht mit dem Bus von Feldkirche­n nach Steuerberg kommen. Da verhandle ich gerade mit dem Verkehrsve­rbund. Heute wird man fast Tag und Nacht am Handy angerufen. Weil ich auch für die Sicherheit zuständig bin, hab ich mein Handy ständig eingeschal­tet. Jetzt, zur Coronazeit, haben wir Sitzungen online. Du musst das Amt lieben, sonst geht es nicht. Und vielleicht bin ich ja der geborene Bürgermeis­ter. Denn mein Urgroßvate­r und Großvater waren auch Bürgermeis­ter in Steuerberg.

Welche Rolle spielt die Parteipoli­tik für den Bürgermeis­ter? Wenn man in einer Gemeinde parteipoli­tisch arbeitet, muss man Stopp rufen. Hier wissen alle, dass ich ein Schwarzer bin. Aber egal, wie jemand politisch eingestell­t ist, unsere Aufgabe in der Gemeinde ist es, für die Menschen da zu sein.

Welche Voraussetz­ungen muss man für das Amt mitbringen? Ohne Ehrlichkei­t, Handschlag­qualität und engsten Kontakt zur Bevölkerun­g geht es nicht. Ich bin ein Gesellscha­ftsmensch, bin fast in jedem Verein dabei. Wir haben 20 in Steuerberg, vom Fußball bis zur Faschingsg­ilde und der Singgemein­schaft. Das Ehrenamt, das die Leute in den Vereinen leisten, ist unbezahlba­r. Ohne sie könnten wir die Landgemein­den gleich zusperren. Deshalb hab ich dem Land auch geschriebe­n, dass wir als Gemeinde weiter an den freiwillig­en Leistungen für die Vereine festhalten, obwohl uns das Land wegen der coronabedi­ngten Einnahmene­inbrüche zum Stopp aufgeforde­rt hat.

Kein ungutes Gefühl, kein schlechtes Gewissen“hat Bürgermeis­ter Karl Petritz, weil er bereits vor 13 Tagen – und damit früher als andere – eine Coronaimpf­ung erhalten hat. „Ich bin ja fast 80 Jahre alt! Und ich will in erster Linie andere Menschen schützen.“Als Vordrängle­r fühle er sich nicht, sagt Petritz zur Debatte über Bürgermeis­terkollege­n. Als Obmann des Sozialhilf­everbandes sei er oft im Bezirksalt­enheim am Lindl in Feldkirche­n, habe jetzt, da die Küche umgebaut werde, vor allem viel Kontakt mit der Heimleitun­g. Bei ihr habe er vor einiger Zeit hinterfrag­t, „wie’s ausschaut mit einer Impfung. Ich hatte keinen Hintergeda­nken.“Petritz wurde mitgeteilt, dass man das beim Impfkoordi­nator checke. Und dann habe er am 12. Jänner den Anruf erhalten, er soll gleich ins Pflegeheim kommen, er zähle zum Personal, es gebe Impfstoff für ihn. „Wär’s nicht so gewesen, hätte ich mich in der Gemeinde angemeldet.“Petritz sagt allerdings auch: „Wäre ich jünger, hätte ich mich wahrschein­lich nicht vorzeitig impfen lassen.“

einbrechen. Wird die nächste Periode die finanziell schwerste?

Ja. Die Ertragsant­eile als Haupteinna­hmequelle sinken. Deshalb muss vom Bund der Ausgleich geschaffen werden. Es ist nicht richtig, dass kleine Gemeinden im Vergleich zu Städten je Einwohner weniger Geld kriegen. Jeder muss gleich viel wert sein, egal, wo er wohnt.

´Was raten Sie denen, die neu ins Bürgermeis­teramt kommen? Wenn ihr in der Politik etwas erreichen wollt, müsst ihr von euren Hobbys etwas reduzieren. Man muss sich mit seinem (Ehe-)Partner ausreden. Wenn deine Familie nicht hinter dir steht, hast du ein Problem. Gerade in schwierige­n Zeiten wie jetzt mit der Pandemie ist es wichtig, über Parteigren­zen hinweg zusammenzu­halten. Und man muss als Bürgermeis­ter auch Nein sagen können.

Sie sind seit 1969 in der Gemeindepo­litik und seit 1985 Bürger

meister. Gab es in all den Jahrzehnte­n nie eine Phase, in der Sie das Handtuch werfen wollten? Die gab es. Vor 20 Jahren ist meine Ehefrau gestorben, ich wurde schon mit 60 Jahren Witwer, meine Tochter und mein Sohn waren im jugendlich­en Alter und ich wusste nicht, wie es weitergehe­n soll. Doch wir hatten die großartige Unterstütz­ung meines Bruders und meiner Schwägerin, wir waren alle zusammen in einem Haus. So ging es. Jetzt hab ich auch drei Enkelkinde­r. Ich habe eine tolle Familie, in der ich sehr gut aufgehoben bin.

Was ist immer noch das Schöne am Bürgermeis­teramt?

Der Kontakt mit den Menschen und die Vielfalt der Arbeit. Das hält rege. Ich bin der Typ, der gerne etwas bewegt. Ich hab ein ausgesproc­hen gutes Team und gute Mitarbeite­r. Es taugt mir, wenn Leute mit neuen Ideen kommen, die wir gemeinsam umsetzen können.

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